Wenn das Lieblingsgetränk aus der Kapsel kommt
Darf’s ein Tässchen mehr sein? Kaffee ist für viele Menschen mit Genuss verbunden. Doch die richtige Zubereitung ist nicht nur eine Frage des Geschmacks, sondern auch der Nachhaltigkeit. Bei den Kaffeekapseln setzen Hersteller zunehmend auf umweltfreundliche Alternativen.
Im hart umkämpften Kaffeemarkt geht es um jeden Cent. Der Rohkaffee ist in den letzten Monaten deutlich knapper geworden, die Preise kletterten spürbar nach oben. Zudem sorgen Handelsstreitigkeiten und Wettbewerbsklagen ebenfalls für Schlagzeilen in der Kaffeebranche.
Vor diesem Hintergrund gewinnen Marketingkampagnen und Nachhaltigkeitsoffensiven der Markenhersteller an Bedeutung. Nespresso, die Premium-Kaffeemarke von Nestlé macht werbewirksam auf ihre neuen papierbasierte Kapseln aufmerksam. Die Kapseln der „Paper-based Collection“ bestehen laut Hersteller zu 82 Prozent aus Papierzellstoff, ergänzt durch eine biologisch abbaubare Schutzschicht, die ein gutes Kaffeearoma bis zur Zubereitung garantieren soll. Verbraucher können die Kapsel nach Gebrauch im Heimkompost entsorgen. Wer nicht über einen Kompost verfügt, sollte die Kapsel in die gelben Tonne und nicht in die Papier- oder Biotonne werfen.
Aluminiumkapseln bleiben
Die Produktinnovation soll allerdings kein Ausstieg aus den bisherigen Aluminiumkapseln sein, erklärt der Konzern. Nestlé bezeichnet die Kapseln als bestmögliche Verpackungsform, wenn es darum gehe, Aromen zu konservieren und die Haltbarkeit und Qualität sicherzustellen.
Zudem bestünden die Aluminiumkapseln aus mindestens 80 Prozent Recyclingmaterial und könnten über den gelben Sack oder die gelbe Tonne selbst wieder recycelt werden, so der Konzern. Den Anteil der Kapseln, die diesen Weg gehen, schätzt das Unternehmen für Deutschland auf rund 52 Prozent.
Mit den Papierkapseln will die Marke den Kunden nicht nur eine Alternative anbieten, sondern vielmehr neue Käuferschichten ansprechen: Solche, die eine Verpackung aus einem nachwachsenden Rohstoff bevorzugten. Zudem hebe sich der Konzern von den Wettbewerbern mit Produktneuheiten ab.
Abfallmenge sorgt für Kritik
Die Kapsel schützt den Kaffee vor Sauerstoff – und sichert damit die Genussqualität. Der Nachteil: 5 bis 6 Gramm gemahlener Kaffee, für jeweils eine Portion einzeln verpackt, verursachen jede Menge Abfall. Umweltverbände bleiben daher grundsätzlich kritisch, was Kaffeekapseln angeht. Nach einer Erhebung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) werden in Deutschland pro Jahr mehr als drei Milliarden dieser Kapseln verbraucht. Die Kaffeekapseln von Nespresso seien „der sprichwörtliche Gipfel des Verpackungsmüllberges von Nestlé“. Die DUH verlieh 2024 an Nestlé daher den Negativpreis „Goldener Geier“. Laut den DUH-Berechnungen kommen bei Nespresso-Kapseln auf 100 Gramm Kaffee fast 40 Gramm Verpackung, was knapp zwölfmal mehr Verpackungsmüll als beim Kaffeebereiten mit einer handelsüblichen 500 Gramm-Packung Pulverkaffee verursache.
Markt mit Potenzial?
Neben Nestlé bringen sich auch weitere Hersteller in Position, um von einem möglichen Erstarken der Nachfrage nach kompostierbaren Kapseln zu profitieren. Jene Kapseln, die mit den Maschinen des Marktführers Nespresso kompatibel sind, sind besonders gefragt. Laut Tchibo Kaffeereport besitzen bereits 19 Prozent der deutschen Haushalte eine Kapselmaschine.
Der My-Coffee-Cup-Hersteller Unicaps ist seit 2017 am Markt. Seine Nespresso-kompatiblen Produkte sind unter anderem bei dm und im B2B-Bereich verfügbar. Nach einer Beteiligung des Verpackungs- und Logistikunternehmens Schoeller Group will Unicaps nach eigenen Angaben international expandieren. Gemeinsam wollen die Unternehmen den Vertrieb einer neuen kompostierbaren Kapsel aus Bio-Kunststoff vorantreiben. Dieser kann durch Mikroorganismen aus Lebensmittelabfällen hergestellt und unter bestimmten Bedingungen kompostiert werden. Das Geschäftsmodell beinhaltet, die Kapsellösung internationalen Kaffeeherstellern anzubieten.
Die neuen Kapseln von Unicaps sind für die Entsorgung sowohl über den Heim- als auch über den Industriekompost zertifiziert. In Deutschland greift diese Regelung allerdings nicht: Kaffeekapseln dürfen – auch aus Bioplastik – nicht über die Biotonne entsorgt werden. Sie zersetzen sich zu langsam. In den Biomüll dürfen laut Hersteller allerdings die Kaffeekugeln der Migros-Marke CoffeeB, die auch gartenkompostierbar sind. Der portionierte Kaffee ist hier in Alginat sowie weiteren pflanzlichen Stoffen verpackt.
Auch Wettbewerber Minges hat eine Nespressokompatible Papierkapsel im Sortiment. Unter den Marken Minges und Alvorada bietet das Unternehmen Biokaffee in heimkompostierbaren Kapseln an. Auch die Kapseln von NatureCups können zuhause kompostiert werden. Der Verpackungshersteller PAPACKS hat gemeinsam mit Euro-Caps, Anbieter von Private Label-Kaffeekapseln, kunststofffreie, kompostierbare Kapseln auf den Markt gebracht. Die Unternehmen wurden 2024 dafür mit dem World Packaging Award ausgezeichnet. CoffeeB von der Migros-Tochter Delica darf laut Hersteller in den Biomüll. Die Kaffeeportion ist hier in Alginat auf Basis von Braunalgen sowie weiteren pflanzlichen Stoffen verpackt.
Derzeit lässt sich im preissensiblen Kaffeemarkt in Deutschland mit den alternativen Kapseln noch nicht immens viel Umsatz machen. Nur vereinzelt finden sich aktuell kompostierbare Kapseln im Supermarkt. Eigenmarken-Kapseln sind meist aus Kunststoff, aber auch hier kommt Bewegung. Das Thema Nachhaltigkeit treibt die Kaffeebranche weiter an.
Von Anna Ntemiris, Redakteurin