Kapseln aus Papier im hart umkämpften Kaffeemarkt
Ein Entwurf der EU-Verpackungsordnung sah ursprünglich ein Verbot von Kaffeekapseln vor. In der jetzigen Form, über die voraussichtlich Mitte November abgestimmt wird, ist nur noch ein Rezyklat-Anteil für Kunststoff gefordert. Der Markt für Kaffee-Einzelportionen ist nicht einfach.
Die Kapsel schützt den Kaffee vor Sauerstoff – und sichert damit die Genussqualität. Der Nachteil: 5 bis 6 Gramm gemahlener Kaffee, für jeweils eine Portion einzeln verpackt, verursacht jede Menge Abfall – egal, ob die Kapsel aus Aluminium oder Kunststoff besteht.
Die Deutsche Umwelthilfe schätzt, dass in Deutschland jährlich 3,4 Milliarden Kapseln verbraucht werden – ein Müllberg von 13.500 Tonnen, darunter Alukapseln, wie Nespresso sie einsetzt. Aktuell stehen eben jene Kapseln hoch im Kurs, die mit den Maschinen des Marktführers kompatibel sind. Dieses Segment habe „nach wie vor großes Potenzial für den Handel, weitere Umsatzanteile in den Lebensmitteleinzelhandel zu ziehen“, heißt es von Jacobs-Hersteller JDE mit Blick auf Nespressos eigenes Vertriebssystem.
Nespresso ließ eigens Studien zu Nachhaltigkeitsaspekten seiner bekannten Aluminiumkapseln anfertigen. Aber nun bringt Markeninhaber NestléKapseln aus Papier ins Spiel. Ab Anfang 2025 sollen sie in sechs Sorten deutschlandweit verfügbar sein. Derzeit laufen erste Tests. In der Schweiz und in Frankreich gibt es die Produkte bereits seit 2023.
Die neuen Kapseln dürften vorrangig umweltbewusste Konsumenten ansprechen, denn einzeln verpackte Portionen verursachen sehr viel Abfall. Dabei hält Nespresso auch in Zukunft an den Alukapseln fest, will aber eine „weitere Wahlmöglichkeit“ bieten, berichtet die Lebensmittelzeitung.
Ein Entwurf der EU-Verpackungsordnung sah ursprünglich ein Verbot von Kaffeekapseln vor. In der jetzigen Form, über die voraussichtlich Mitte November abgestimmt wird, ist nur noch ein Rezyklat-Anteil für Kunststoff gefordert. „Für Aluminiumkapseln werden keine verbindlichen Rezyklat-Anteile gelten“, sagt Anna Kupferschmitt von der Allianz Verpackung und Umwelt.
Vor wenigen Jahren sah es so aus, als ließe sich die Abfallproblematik durch den Einsatz von kompostierbarem Biokunststoff meistern. Doch die damaligen Produktlösungen werden in Kompostieranlagen nicht schnell genug zersetzt und dürfen daher seit 2021 nicht mehr über die Biotonne entsorgt werden. Das gilt ebenso für die neuen Kapseln von Nespresso. Sie bestehen aus 82 Prozent Papierzellstoff und einer Schutzschicht aus biologisch abbaubarem Kunststoff als Sauerstoffbarriere. Nestlé hat auch unter der Marke Nescafé Dolce Gusto mit der Reihe Neo ein ähnliches System mit papierbasierten, heimkompostierbaren Kapseln anstelle des hier üblicherweise verwendeten Kunststoffs eingeführt. Dieses gibt es zum Beispiel in der Schweiz sowie in Frankreich und Portugal.
Neben Nestlé bringen sich auch weitere Hersteller in Position, um von einem möglichen Erstarken der Nachfrage nach kompostierbaren Kapseln zu profitieren. Der My-Coffee-Cup-Hersteller Unicaps ist seit 2017 am Markt. Seine nachhaltigen Nespresso-kompatiblen Produkte sind unter anderem bei Rewe oder dm-Drogeriemarkt sowie Online und im B2B-Geschäft verfügbar. Nach einer Beteiligung des Verpackungs- und Logistikunternehmens Schoeller Group will Unicaps nach eigenen Angaben international expandieren.
Zuvor hatte Unicaps die Kapsel technologisch weiterentwickelt und eine hohe Sauerstoffbarriere integriert. Die neue Kapsel wird mithilfe von Mikroorganismen aus pflanzlichem Material wie etwa Lebensmittelabfällen erzeugt und besteht aus dem Biopolymer PHA, das biologisch abbaubar ist.
Auch Wettbewerber Minges hat eine Nespressokompatible Papierkapsel im Sortiment. „Vor vier Jahren brauchte es noch eine dicke grüne Brille, um an der kompostierbaren Kapsel Gefallen zu finden“, sagt Geschäftsführer Ulli Minges gegenüber der LZ. „Heute hält die Qualität im Hinblick auf Sauerstoffbarriere und Haltbarkeit allemal mit der einer Plastikkapsel mit.“ Unter den Marken Minges und Alvorada bietet das Unternehmen Biokaffee in heimkompostierbaren Kapseln. „Diese Kombination ist eine gute Nische“, so Minges.
Momentan lässt sich im preissensiblen deutschen Kaffeemarkt mit den nachhaltigen Kapseln noch nicht so viel Umsatz machen. Nur vereinzelt finden sich aktuell kompostierbare Kapseln in den Regalen des Handels. Eigenmarken-Kapseln sind meist aus Kunststoff.
CoffeeB von der Migros-Tochter Delica darf laut Hersteller in den Biomüll. Die Kaffeeportion ist hier in Alginat auf Basis von Braunalgen sowie weiteren pflanzlichen Stoffen verpackt. Der Hersteller wirbt damit, dass die Kapsel, die eine Kugel ist, einfach zerbröselt werden kann. Delica hat die Technologie bereits an Keurig Dr Pepper in den USA vermarktet, der sich gerade in der Testphase für eigene Produkte befindet. Um den Kugel-Kaffee von CoffeeB zuzubereiten, muss die passende Maschine her, was die Nachhaltigkeit des Systems zunächst schmälert.