Zukunftssichere Kunststoffe für eine nachhaltige Verpackungswelt
Nachhaltig ist nur mit Recycling machbar. Eine effiziente Wiederverwertung von wichtigen Kunststoffmaterialien erfolgt bislang allerdings nur bedingt. Im Forum SOLPACK, das die FACHPACK gemeinsam mit der Agentur Pacoon GmbH anbot, gab der Chemiker Dr. Manuel Häußler vom Max-Planck-Institut Potsdam Einblicke in die Entwicklung neuer Kunststofftypen.
Eine Welt ohne Kunststoffe ist nicht denkbar. Dr. Manuel Häußler gibt im Forum SOLPACK eindringliche Beispiele, warum das so ist. „Eine Spritze hätte keiner gern mehrfach gewaschen, sondern als Einwegprodukt, auch wenn es nicht so nachhaltig ist“, erzählt der Chemiker. Ein weiteres Beispiel: Ein Auto enthält im Durchschnitt 300 bis 500 Kilogramm Kunststoff. Die Hälfte aller Kunststoffe geht in die Verpackungsindustrie, sagt Häußler, der als Wissenschaftler beim Max-Planck-Institut, Center of the Transformation of Chemistry arbeitet und als Start-up-Gründer von aevoloop GmbH aktiv ist.
Weil immer mehr erdölbasierter Kunststoff im Abfall lande, stelle sich die Frage nach nachhaltigen Alternativen. Nur ein Drittel des Kunststoffs wird laut Häußler recycelt, zwei Drittel werden verbrannt. „Der Ausbau von Recycling-Kapazitäten ist schwieriger, als neue Kunststoffe zu erzeugen“, erklärt er.
Mechanisches Recycling stößt an Grenzen
Die etablierte Technologie für die Wiederaufbereitung von Kunststoffen ist das mechanische Recycling. Beim mechanischen Recycling werden Kunststoffabfälle eingeschmolzen und zu Granulat verarbeitet, das wiederum als Sekundärrohstoff in Verpackungen oder anderen Produkten Verwendung findet. Das funktioniere prinzipiell gut, stoße aber auch auf Hindernisse.
Denn das angelieferte Material muss beim mechanischen Recycling sortenrein und möglichst frei von Verschmutzung oder Fremdstoffen sein. Je mehr beides der Fall ist, desto besser können die Trenn- und Reinigungsprozesse für ein qualitativ hochwertiges Rezyklat sorgen. Es gibt, so der Experte, allerdings noch weitere Schwierigkeiten. Materialalterungen verändern zum Beispiel den enthaltenen Kunststoff. Zudem können viele Produkte, die aus Verbundmaterialien bestehen, nicht alleine mit diesem Verfahren verarbeitet werden. Das gilt beispielsweise für viele Lebensmittelverpackungen, in denen mehrere Kunststoffschichten verarbeitet sind Selbst PET-Flaschen sind nur zu einem kleinen Teil recycelbar. Alle neuen Kunststoffe konzentrieren sich darauf, biobasiert oder biologisch abbaubar zu sein. Das ist nicht kreislauffähig.
Chemisches Recycling ist „energiehungrig“
Chemisches Recycling dagegen habe einen schlechten Ruf, sei an sich aber eine „schöne Idee“, so Häußler. Denn dabei werde Kunststoff als Rohstoff betrachtet, allerdings sei für dieses Verfahren nicht jeder Kunststoff geeignet, PE und PP zum Beispiel sind gar nicht dafür geeignet. Bekanntestes chemisches Verfahren ist im Moment die sogenannte Pyrolyse, bei der Kunststoffe in Pyrolyseöle umgewandelt werden. „Das ist eine sehr energiehungrige Alternative“, sagt Häußler.
DNA der Kunststoffe
Sein Lösungsvorschlag: „Wir gehen in die DNA der Kunststoffe rein.“ Sein Start-up entwickelt neue Kunststofftypen mit einem ganzheitlichen Nachhaltigkeitskonzept. Dabei geht es in die kleinste Einheit der Kunststoffe, in die Monomere.
Der Experte berichtet über eine neue Zusammensetzung von Polymeren, die ohne chemisches Recycling in Monomere zerlegt werden können. Dieses Thema sei aufgrund der bevorstehenden Herausforderung des Einsatzes von Rezyklaten in Kunststoffverpackungen, aber auch in der Textilbranche von großer Bedeutung. „Um das Problem zu lösen, brauchen wir vollständig kreislauffähige Kunststoffe. Die gute Nachricht ist, dass jeder Kunststoff auf molekularer Ebene umgestaltet werden kann.“
Zu diesem Zweck baue sein Team eine neue Klasse von nachhaltigen Plattformchemikalien auf, die auf langkettigen Dicarbonsäuren basieren. Diese Moleküle sind der Vorschlag für die effiziente chemische Nutzung und das Recycling von Kohlenstoff in der Zukunft. Der Ansatz ermögliche die Herstellung einer breiten Palette chemischer Produkte, die nach ihrer Verwendung vollständig in die ursprüngliche zentrale Plattformchemikalie zurückgeführt werden können. Entscheidend sei, dass die Moleküle leicht modifizierbar, aber dennoch chemisch robust und außergewöhnlich kristallin sind, was ihre Rückgewinnung erheblich vereinfache.
Chemische Produkte, die auf Häußlers Plattformchemikalien basieren, sind daher von Natur aus recycelbar, was Recyclingmöglichkeiten für Anwendungen eröffnet, die bisher unmöglich schienen. „In Verbindung mit ihrer biologischen Abbaubarkeit sind langkettige Dicarbonsäuren unserer Meinung nach die ideale Plattform für eine nachhaltige chemische Industrie.“
Den Vortrag sehen Sie hier:
Zukunftssichere Kunststoffe – Vision oder Illusion?