Kampf um die Faser: Herausforderungen und Perspektiven im Papierrecycling
Schwankende Altpapierqualität, technische Hürden und der Wandel von grafischen Papieren hin zu Verpackungen stellen die Recyclingbranche auf die Probe. Warum hochwertige Fasern entscheidend für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft sind und welche innovativen Lösungen es gib, erklärt Axel Fischer von der INGEDE.
Die Welt des Papierrecyclings steht vor einem Wendepunkt. Während grafisches Altpapier zunehmend verschwindet, übernehmen Verpackungsmaterialien eine zentrale Rolle im Recyclingprozess – doch zu welchem Preis? Weiße Fasern, die einst ein verlässlicher Rohstoff waren, sind heute hart umkämpft. Das Forum SOLPACK auf der FACHPACK bot eine ideale Plattform, um über Herausforderungen und Entwicklungen im Bereich Papierrecycling zu sprechen. Axel Fischer von der Internationalen Interessens- und Forschungsgemeinschaft der Altpapier verarbeitenden Industrie (INGEDE) ging dabei vor allem auf technischen Hürden im Recyclingprozess ein und wie die Faser im Kreislauf gehalten werden kann.
Auswirkungen der Digitalisierung
Ein entscheidender Faktor für die Altpapierindustrie ist der Rückgang von grafischem Papier, wie Zeitungen und Magazinen. „Heute wird mehr auf Bildschirmen gelesen. Das führt dazu, dass weniger grafisches Altpapier mit einem hohen Anteil an weißen Fasern in den Recyclingkreislauf gelangt“, erklärte Fischer. Deshalb gäbe es inzwischen Unternehmen, die Toilettenpapier sogar aus Stroh oder recycelten Kartons herstellen. Doch eine wesentlich wichtigere Ressource sind für die Hersteller Alternativen wie Frischfasern aus Verpackungen oder die Rückführung von hochwertigen Produktionsabfällen.
„Verpackungen, insbesondere solche mit hohen Frischfaseranteilen, gewinnen als Rohstoffquelle für Recycler zunehmend an Bedeutung“, sagt Fischer und ergänzt: „Da gerade bei Lebensmittelkartons ein hoher Frischfaseranteil vorhanden ist, um der Migration entgegenzuwirken, sind diese Verpackungen natürlich auch attraktiv für Papierrecycler.“ Er betonte, dass diese Materialien langfristig im Kreislauf gehalten werden müssen: „Wir müssen dafür sorgen, dass hochwertige Papierverpackungen vor dem Downcycling bewahrt werden, damit die weißen Fasern möglichst lange erhalten bleiben.“ Doch der Verpackungsabfall stellt seine ganz eigenen Herausforderungen.
Qualitätsanforderungen und technologische Fortschritte
Die Qualität des Altpapiers ist essenziell für den Recyclingprozess. Problematisch sind unter anderem Druckfarben, Klebstoffe und Fehlwürfe. Lebensmittelreste oder Barrieren in Papierverpackungen können das Recycling erschweren oder unmöglich machen. „Wenn Fasern durch Barrieren oder andere Beschichtungen nassfest aufgerüstet werden, lösen sie sich auch beim Recycling nicht mehr auf,“ erläutert Fischer. Besser separieren lassen sich hingegen in der Regel Folien. Einen weiteren Fokus legte Fischer auf der Problematik von metallischen Beschichtungen in Papierverpackungen. Während klassische Metallfolien recyclingtechnisch problematisch seien können, haben Tests gezeigt, dass metallisierte Folien mit aufgetragenen Metallpigmenten deutlich besser recycelbar sind.
Das Papierrecycling in der Papierfabrik beginnt mit dem Auflösen des Papiers. Anschließend werden Verunreinigungen entfernt. Darauf folgt die Druckfarbenentfernung (Deinking) mit dem Ablösen der Farbe von der Papierfaser und der Entfernung der Farbe aus der Mischung – ein Schlüsselprozess beim Papierrecycling. „Es genügt nicht, wenn die Farbe wasserlöslich ist, sie muss auch aus dem System bzw. der Mischung entfernt werden, damit die Farbe nicht im fertigen Papier bleiben soll“, so Fischer. „Das geht nur, wenn die Farbpartikel hydrophob sind, und sich gut von den Fasern und der Mischung trennen lassen.“
Fischer hob vor diesem Hintergrund hervor, dass Hersteller durch Tests wie die INGEDE-Deinkbarkeitstests oder die CEPI-Methode prüfen sollten, ob ihre Produkte recyclingfähig sind.
Automatisierte Prozesse und Zukunftsperspektiven
Die Sortierung des Altpapiers stellt einen entscheidenden Schritt im Recyclingprozess dar. Aufgrund des steigenden Anteils an Verpackungsmaterialien in der blauen Tonne sei die präzise Trennung von Weiß- und Braunkarton essenziell. Moderne Technologien wie KI-gestützte Sortiersysteme sollen in Zukunft Lösungen bieten. Diese Entwicklungen seien vielversprechend, um die Effizienz der Sortierung zu verbessern und Fehlerquellen zu minimieren. Denn die Qualität des Recyclings steht und fällt also mit den Materialien, die dem Kreislauf zugeführt werden. Die INGEDE bleibt mit ihrer Forschungsarbeit und praxisorientierten Beratung am Ball und ermöglicht so die Anpassung an sich verändernde Materialien und Herausforderungen.
Axel Fischer von der INGEDE spricht auf der FACHPACK
Axel Fischer auf der FACHPACK