Zu viel unnötiger Kunststoff in Verpackungen?
Fast die Hälfte der Lebensmittel- und Getränkeverpackungen in deutschen Supermärkten bestehe aus vermeidbarem Kunststoff. Das ist das Fazit einer Studie, die Verpackungshersteller DS Smith in Auftrag gegeben hat. Die Industrievereinigung Kunststoffverpackungen bewertet die Studie in Teilen als unwissenschaftlich.
Die Studie von DS Smith und dem Konsumforschungsinstitut Retail Economics analysierte insgesamt 1.500 Lebensmittel- und Getränkeverpackungen bei den fünf größten Lebensmitteleinzelhändlern in Deutschland, Frankreich, Italien, Polen und Spanien. Die Studie zeige, dass die Reduktion von Kunststoffverpackungen im Lebensmitteleinzelhandel zwar möglich ist, aber finanzielle und strukturelle Herausforderungen bestehen. Einheitliche Vorgaben auf europäischer und globaler Ebene könnten dagegen die Umsetzung in der Branche beschleunigen und die Kunststoffbelastung nachhaltig verringern.
In Deutschland summiert sich der vermeidbare Kunststoff bei Lebensmittelverpackungen laut Studie jährlich auf 38,6 Milliarden Teile. Vor allem die Kategorie Fleisch- und Fischprodukte trägt mit 84 Prozent den größten Anteil an Kunststoffverpackungen, dicht gefolgt von Molkereiprodukten mit 83 Prozent und alkoholfreien Getränken mit 80 Prozent.
Im Rahmen der Studie wurden auch 300 Fachleute aus der Lebensmittel- und Getränkeindustrie befragt. Fast alle (98 Prozent) der Befragten gaben an, dass sich ihre Unternehmen zu einer freiwilligen Reduktion von Kunststoffverpackungen verpflichtet haben. Hürden, die den Wechsel zu nachhaltigeren Verpackungen erschweren, sind laut der Studie die Rohstoffkosten, die von 40 Prozent der Befragten als größtes Hindernis genannt werden. Und 39 Prozent äußerten die Sorge, dass Kunden Veränderungen an den Verpackungen nicht annehmen. Sieben von zehn Befragten gehen zudem davon aus, dass Kunden nicht bereit wären, höhere Preise für nachhaltigere Verpackungen zu zahlen.
Kunststoffverbrauch in Europa weiterhin hoch
Im Ländervergleich zeigt sich, dass Großbritannien mit einem Kunststoffanteil von 70 Prozent an Lebensmittelverpackungen am stärksten auf Kunststoff setzt. Es folgen Spanien (67 Prozent), Deutschland und Italien (66 Prozent), Polen (62 Prozent) und Frankreich (59 Prozent). „Lebensmittelhersteller haben sich dazu verpflichtet, Kunststoffverpackungen zu ersetzen. Die Realität zeigt jedoch, dass dies häufig nicht umgesetzt wird, solange Ziele auf Freiwilligkeit beruhen. Die EU hat bereits einige Regeln für ein sukzessives Verbot von bestimmten Kunststoffverpackungen auf den Weg gebracht“, erklärt Uwe Väth, Managing Director bei DS Smith Packaging Deutschland und Schweiz.
Um eine flächendeckende und schnelle Transformation voranzutreiben, poche DS Smith daher auf global einheitliche Regulierungen, auch in Bezug auf erforderliche Lebensmittelsicherheitsanforderungen. Dabei gehe es nicht darum, jeglichen Kunststoff zu verbannen, solange dieser notwendig ist. Allerdings werde zu viel Kunststoff gar nicht recycelt, der gesetzliche Rahmen sollte daher eine Vermeidung und Reduzierung entlang der Lieferketten vorsehen, führt Väth weiter aus. Laut DS Smith könnten bereits heute bis zu 85 Prozent des Kunststoffanteils in Verpackungen durch faserbasierte Alternativen ersetzt werden.
Kunststoffbranche übt Kritik
Mara Hancker, Geschäftsführerin Kommunikation der IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen, äußert sich im Interview mit der Lebensmittelzeitung sehr kritisch zu der Studie und den Aussagen des Papierverpackungsherstellers DS Smith. Es sei sehr unsauber gearbeitet worden. „Nach der europäischen und deutschen Gesetzgebung kommt es nicht darauf an, ob eine Verpackung ,sichtbaren' Kunststoff enthält, sondern ob sie Kunststoff enthält, unabhängig von dessen Anteil am Gesamtgewicht. Daher müssten auch viele mit Kunststoff beschichtete Papierverpackungen einbezogen werden, die die Studie als angeblichen Ersatz für Kunststoffverpackungen anpreist“, sagte Hancker.
Recyclingfähigkeit ist wichtig
Ob ein Packmaterial „nötig“ oder „unnötig“ sei, bemesse sich ausschließlich daran, ob die vom Füllgut und der Umhüllung ausgehende Umweltbelastung entlang des gesamten Produkt-Lebenswegs minimiert werde.
Die Verpackungsbranche sollte nicht einzelne Materialien disqualifizieren. „Wenn es die Eigenschaften von Kunststoff nicht braucht, sollten wir ihn auch nicht einsetzen. Leistet er einen Beitrag zum nachhaltigen Konsum und Klimaschutz, sollten wir ihn dafür wertschätzen und als wertvolle Ressource im Kreislauf halten.“
Die Recyclingfähigkeit sei eine enorm wichtige Eigenschaft von Verpackungsmaterialien. Hancker beruft sich dabei auf die Zentrale Stelle Verpackungsregister und das Umweltbundesamt, die im Mindeststandard einen Recyclingnachweis für Papierverbunde fordern.
Ob Papier oder Kunststoff: Der Produktschutz steht bei der Verpackung an erster Stelle, sagen Experten aus verschiedenen Branchen. Daher wird die Diskussion um die Wahl der Materialien weiterhin vor diesem Hintergrund geführt werden – auch auf der FACHPACK 2025. Sichern Sie sich jetzt bis zum 1. Dezember den Frühbuchervorteil als Aussteller.