Potenzial und Herausforderungen von Mehrweg
Im Forum PACKBOX der FACHPACK diskutierten Branchenvertreter über die Zukunft von Mehrwegsystemen. Wie sieht die Zukunft im Mehrweg aus? Was sind die Pain Points der Systeme? Das Potenzial für den Ausbau von Mehrweg ist vorhanden, so ein Fazit.
Die Talkrunde „Zukunft Mehrweg und Packmittel“ widmete sich auf der FACHPACK der Frage, wohin der Handel, insbesondere der E-Commerce, und die Verpackungsbranche in Bezug auf Mehrweg- und Einwegverpackungen steuern.
Die Experten – unter ihnen Start-up-Gründer – diskutierten unter der Moderation von Matthias Mahr, welche Anpassungen notwendig sind, um den aktuellen Herausforderungen gerecht zu werden. Doris Diebold, CEO und Gründerin der hey circle GmbH, erklärte, dass ihr Mehrwegversandsystem eine hohe Retourenquote habe, weil sich die Kunden verpflichten, die Verpackung zurückzusenden. Sonst werde diese in voller Höhe in Rechnung gestellt. Marc Engelmann, CEO und Gründer von Boomerang, berichtete ebenfalls von positiven Erfahrungen mit seinem Mehrwegsystem. Und Rudi Siegle, Geschäftsführer von reuse.me, erklärte, dass sein Mehrwegsystem mit einer „Belohnung“ am Glücksrad arbeite. Wer die Versandverpackung zurückgibt, erhält die Los-Chance auf ein Geschenk. Siegle betonte, dass nachhaltige Versandsysteme nur dann erfolgreich seien, wenn sie mit der Wirtschaftlichkeit im Einklang stünden. Nachhaltigkeit dürfe daher nicht mit dem Gefühl von Verzicht oder Verlust verbunden sein. „Wir wissen, dass die größte Hürde der Endkonsument ist“, so Siegle. Ob dieser die Verpackung zurückgebe, sei schließlich eine freiwillige Angelegenheit.
Felix Brandenburg, Governmental Affairs Manager bei der Ardagh Group, und Geschäftsführer des Forums Getränkedose, beleuchtete das Thema aus der Sicht der Hersteller von Einwegverpackungen und Getränkedosen.
„Wir bekommen 99 Prozent aller Getränkedosen zurück“, sagte er. Die hohe Recyclingquote zeige, dass auch eine Einwegdose ökologische Vorteile habe. Brandenburg forderte eine ökologische Optimierung des gesamten Getränkeverpackungsmarktes. Eine pauschale Förderung von Mehrweg ist seiner Ansicht nach ökologisch nicht sinnvoll.
Pit Klepatz, Geschäftsführer Logipack GmbH, berichtete von erfolgreichen Mehrwegsystemen in der Getränkebranche. Damit Mehrweg in der Praxis wirtschaftlich und nachhaltig funktioniere, gebe es viele Faktoren zu beachten. Dies beginne mit der Auswahl der Mehrwegflasche sowie des Ladungsträgers und reiche vom Distributions- und Logistikkonzept über die Flaschensortierung bis hin zur erneuten Leergutbereitstellung. Er räumte aber ein, dass die Standards aus dem Getränkebereich nicht eins zu eins auf andere Produkte übertragbar seien.
„Kreislaufwirtschaft ohne Mehrweg ist sinnlos“
André Pietzke, Vorstandsvorsitzender Mehrwegverband Deutschland e.V., verwies auf die Chancen, Mehrweg auf viele andere Bereiche auszuweiten. Wenn Mehrwegsysteme für Kunden bequem seien, hätten sie Erfolg, sagte er. „Der Verbraucher braucht eine Anlernphase. Mehrweg ist nach Schaffung der Grundbedingungen eine reine Lernthematik. Wir kennen und wissen das aus den Erfahrungen von vielen Piloten und der Realität aus mehr als 50 Jahren Getränke-Mehrweg. Es braucht Convenience, klare Kennzeichnung, Pfand oder Alternativsysteme zur Incentivierung beziehungsweise Normalisierung des Rückgabeprozesses und dabei ein Zusammenspiel von Handel, Systemmanagement und Produzenten“, sagte er im Gespräch mit FACHPACK360°. Genau dafür stünden die Mehrwegsystemanbieter der neuen Generation.
Mehrweg sei bei vielen Produkten der Konsumgüterbranche denkbar, sagte Pietzke. Im Kosmetikbereich seien ökologische und ökonomische Potenziale von Mehrweg bereits berechenbar. Pietzke nannte in der Talkrunde als Beispiel das System Zerooo von der Firma SeaMe GmbH. Das System betreibt als Dienstleister die Mehrwegpools und arbeitet dabei mit Kunststoffgebinden.
„Kreislaufwirtschaft ohne Mehrweg ist sinnlos“, sagte Pietzke. Er wünsche sich von der Politik, dass sie „erkennt“, neue Wege zu gehen. Doris Diebold forderte eine verbindliche Mehrwegquote für ausnahmslos alle Transportverpackungen und damit strengere Richtlinien. Engelmann wünschte sich von Onlinehändlern „mehr Mut“ zum Ausprobieren von neuen Versandsystemen.
Sehen Sie sich hier im Video die Diskussionsrunde an:
Zukunft Mehrweg & Packmittel