Shrinkflation: Wenn sich die Preiserhöhung hinter der Verpackung versteckt
Verbraucherschützer fordern eine Kennzeichnung von indirekten Preiserhöhungen, die durch weniger Inhalt bei gleichem Preis zustande kommen.
Die Verbraucherzentrale Hamburg und die Organisation Foodwatch haben eine Kennzeichnung von Produkten gefordert, die trotz weniger Inhalts zum gleichen Preis verkauft werden. Solche versteckten Preiserhöhungen seien für Verbraucherinnen und Verbraucher kaum zu erkennen, jedoch mittlerweile Alltag im Supermarkt, erklärte Foodwatch.
Ein Beispiel für eine versteckte Preiserhöhung, die sogenannte Shrinkflation, sei die aktuelle „Mogelpackung des Monats November 2023“ der Verbraucherzentrale Hamburg. Der Gutbio Fencheltee von Aldi sei auf den ersten Blick mit 1,19 statt 1,49 Euro zwar günstiger geworden, dafür seien in der Packung aber auch nur noch 20 statt 25 Teebeutel. Zusätzlich habe sich der Inhalt der jeweiligen Beutel verringert. Unter dem Strich betrage die Preiserhöhung somit 50 Prozent, führte Foodwatch aus.
Rekord an Verbraucherbeschwerden
Ein anderes Beispiel: die Firma Danone habe derweil sowohl den Inhalt als auch die Verpackung einer Joghurtalternative verkleinert, den Preis dafür jedoch gleich gelassen. Im Geschäft sei der Unterschied einer 500-Gramm-Packung zu einer 400-Gramm-Packung kaum zu erkennen, bemängelte Foodwatch.
„Lebensmittelkonzerne und Handelsketten nutzen die Inflation aus, um ihre Profite zu steigern und Verbraucher hinters Licht zu führen“, erklärt Manuel Wiemann von Foodwatch.
Die Verbraucherzentrale Hamburg und Foodwatch fordern eine Kennzeichnung der Produkte, die weniger Inhalt haben. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) hat vor Kurzem ein Eckpunktepapier für weniger Verpackungsmüll veröffentlicht. Demnach soll es verboten sein, den Inhalt von Produkten zu verringern, wenn dabei nicht auch die Verpackung schrumpft. Der Vorstoß gehe in die richtige Richtung, sei aber noch nicht genug, meinen die Verbraucherschützer.
Brasilien und Frankreich gehören zu den Ländern, die in Sachen Shrinkflation aktiv vorgehen. Brasilien schreibt eine Kennzeichnung von Shrinkflation auf der Verpackung vor, sodass Verbraucher vor der Preiserhöhung gewarnt werden.
Der französische Wirtschaftsminister Bruno le Maire hat ein Gesetz gegen Shrinkflation angekündigt. Der Supermarkt Carrefour fängt bereits vor Inkrafttreten eines Gesetzes an, mit Stickern auf Shrinkflation hinzuweisen. Claus Paal, der Präsident der IHK Region Stuttgart, hatte jüngst im Interview mit FACHPACK360° davor gewarnt, eine solche Kennzeichnungspflicht in Deutschland einzuführen. „Müssen unsere Kunden dann bei jeder Veränderung der Verpackung Nachweise erbringen? Auch wenn sie technisch begründet sind?“, fragte Paal, der auch Verpackungsexperte ist. „Wir haben aufgeklärte Verbraucher. Jeder entscheidet selbst, was er einkauft. Deshalb müssen wir nicht die letzten Reste unternehmerischer Freiheit verbunden mit dem unternehmerischen Risiko abschaffen“, sagte er.
Ende August hatten Verbraucherschützer in Deutschland einen Rekord an Beschwerden über versteckte Preiserhöhungen gemeldet. Immer häufiger verteuerten Anbieter Produkte, indem sie in weitgehend gewohnter Verpackung weniger Inhalt verkaufen, wie die Verbraucherzentrale Hamburg und die Stiftung Warentest mitteilten.
Gesetzeslage erlaubt Spielraum
Illegal sei die Praxis der Hersteller in der Regel zwar nicht, wie die Verbraucherschützer damals betonten – aber „äußerst intransparent“.
Doppelte Böden, dicke Außenhüllen, deutlich zu große Kartons: Lebensmittel sind in Verpackungen häufig mit viel Luft umgeben. Die gesetzlichen Bestimmungen sind vage und erlauben eine Menge Spielraum.
Derzeit existiert lediglich ein Anhaltspunkt aus einer Verwaltungsrichtlinie. Darin steht, dass nicht mehr als 30 Prozent Luft in der Verpackung enthalten sein sollten. Es gibt jedoch Ausnahmen, bei denen keine Täuschung vorliegt. Zum Beispiel, wenn die Verpackung durchsichtig ist, ein Sichtfenster hat oder der Inhalt von außen tastbar ist.
Eine Studie im Auftrag des Verbraucherzentrale-Bundesverbands (vzbv) zeigt, dass jährlich ein Abfallvolumen von bis zu 1,4 Millionen Mülltonnen in Deutschland eingespart werden könnte, wenn Hersteller auf überdimensionierte Luftverpackungen verzichten würden. Strengere Gesetze könnten einige Verpackungen um bis zu 27 Prozent reduzieren, was nicht nur den Verbrauchenden, sondern auch der Umwelt zugutekäme.