Geschmack, Preis, Marke: Das sind die drei wichtigsten Aspekte, die aus Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher beim Einkauf von Süßwaren eine Rolle spielen. Gefolgt von den Faktoren Kindheitserinnerungen und Verpackung, die ebenfalls für die Einkaufsentscheidung relevant sind, so eine repräsentative Verbraucherumfrage des Bundesverbands der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI). Für das italienische Unternehmen Ferrero, das Marken und Produkte mit Kindheitserinnerungen wie Nutella, Kinderüberraschung oder Duplo herstellt, sind Verpackungen wichtiger Bestandteil der Marken- sowie Nachhaltigkeitsstrategie.
Fast alle Marken, die in Deutschland verkauft werden, werden im mittelhessischen Stadtallendorf produziert. Ferrero Deutschland ist zum Marktführer im deutschen Süßwarenmarkt und das Werk in Stadtallendorf zu einem der größten in der Ferrero-Gruppe geworden. Dort beschäftigt sich seit vielen Jahren Michael Krätke, Category Team Leader and PM Manager Packaging, mit der Entwicklung von nachhaltigen und funktionalen Verpackungen.
Rund 100 Kilometer entfernt vom Werk befindet sich in der Mainmetropole Frankfurt die Konzernzentrale von Ferrero Deutschland. Dort befasst sich Almut Feller, Senior Manager Inst. Affairs and Sustainability, mit den Themen Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft sowie institutionelle Angelegenheiten und begleitet den Austausch mit Entscheidungsträgern in Politik und Verbänden. Auch sie ist bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten bei Ferrero. Feller und Krätke berichteten beim Deutschen Verpackungskongress in Berlin des dvi vor mehr als 200 Zuhörern und Zuhörerinnen über die Verpackungsstrategie des Süßwarenriesen. Die FACHPACK ist Premium-Partner des Kongresses.
Im Spannungsfeld der Megatrends
Die Lebensmittelproduktion befinde sich grundsätzlich immer im Spannungsfeld zwischen Megatrends wie Gesundheit/Lebensstil, Lebensmittelsicherheit, Nachhaltigkeit, Recyclingfähigkeit und Standortsicherung – denn Ferrero ist auch ein großer Arbeitgeber mit rund 5000 Beschäftigten in Deutschland und mehr als 47.000 weltweit.
Die übergreifende Verantwortung habe teils konkurrierende Zielsetzungen, so Feller. Verpackungen schützen Geschmack und Geruch der Schokolade, informieren über Zutaten und Nährwerte, bieten die nötige Sichtbarkeit am Point of Sale. Andererseits wolle man weniger Verpackungen einsetzen, um Ressourcen und damit die Umwelt zu schonen. Nachhaltigkeit sei ein wesentliches Konzernziel, von der Rohstoffbeschaffung bis hin zur Verpackung.
Kleine Portionen für Marke „Kinder“
Die Süßwarenbranche generell hat allerdings viel Verpackungsmaterial im Einsatz. Seit Erfindung der ikonischen Marke „Kinder“ im Jahr 1968 kreiert Ferrero zum Beispiel Produkte in kleinen Portionen. „Wir legen viel Wert darauf, unsere Produkte in angemessenen Portionsgrößen anzubieten, um Konsumenten dabei zu unterstützen, die tägliche Energiezufuhr im Rahmen der Gesamternährung sowie eines gesunden Lebensstils besser zu handhaben“, teilt das Unternehmen auf seiner Webseite mit.
Doch welche Größe sollte eine Verpackung haben? Was ist überflüssig? Ferrero versuche auf mehreren Ebenen, die Produkte nachhaltiger zu machen und für weniger Verpackungsmüll zu sorgen. Zum einen werden die Konsumenten durch gezielte Ansprachen über Verpackungsinformationen und Medien informiert, Müll richtig zu trennen und zu entsorgen. „Wir versuchen, in Sachen Entsorgungshinweise besser zu werden“, sagt Krätke. „Design for Recycling“ spiele zudem eine wichtige Rolle. „Aber auch das Design for Recycling hat sich über die Jahre geändert“, so Feller.
Wieviel Verpackung für Hanuta?
Am Beispiel der Haselnussschnitte Hanuta erklärten die Ferrero-Experten, wie sensibel das Thema Verpackungsveränderung sein kann. Nur zwei Beispiele: Die Waffel müsse frisch bleiben, die spitzen Haselnüsse dürfen nicht zerbrechen. Dennoch gehe das Unternehmen auch auf Kritik der Kunden ein. Als Hanuta die Verpackung vor einigen Jahren umstellte, haben manche Konsumenten teils heftig reagiert und über Social Media ihren Unmut kundgetan, berichtet Krätke. In der 2er-Packung waren damals Pappkärtchen eingelegt, die Stabilität und ebenfalls Produktschutz garantieren sollten. Die in der Primärverpackung aus Kunststoff eingelegten Pappkärtchen kamen aber bei der Kundschaft nicht an und wurden dann wieder rausgenommen.
Die Hanuta-Verpackung habe eine hohe Barrierefunktion, erklärte Krätke. Der Recyclinganteil liege bei 89 Prozent. 90,7 Prozent der Ferrero-Verpackungen sind laut aktuellem Nachhaltigkeitsbericht heute so designt, dass sie recycelbar, wiederverwendbar oder kompostierbar sind, 2022 lag dieser Wert bei 88,5 Prozent.
Dünnere Materialien für Verpackungen seien bei gleichbleibendem Qualitätsschutz möglich, dann müsste man sich aber auch die Frage stellen, ob ein Lebensmittelprodukt heute noch neun Monate haltbar sein müsse, sagte Krätke. Diesem Einwand stimmten viele Teilnehmer des dvi-Kongresses zu. Insbesondere Süßwaren würden innerhalb kurzer Zeit nach dem Einkauf gegessen, nur ein Bruchteil werde weggeworfen, besagen auch Statistiken. Als Verpackungsentwickler könne er sagen: „Sustainability hat einen Preis.“
Auch in Sachen einheitlicher Regelungen auf internationaler Ebene gebe es noch Potenzial, weiß Feller. Ferrero Deutschland mit einem Exportanteil von 60 Prozent begrüße die PPWR, wisse aber, dass derzeit noch länderspezifische Unterschiede zu beachten seien, erklärt Feller.
Von Anna Ntemiris, Redakteurin