Expertin der Schubert Group: Papier kann Kunststoff nicht überall ersetzen
16.07.2024 Frauen in der Verpackungsindustrie Insights Machinery Change Interview

Expertin der Schubert Group: Papier kann Kunststoff nicht überall ersetzen

Nachhaltige Verpackungen sind in der Süßwarenindustrie im Trend. Der vermehrte Einsatz von Papier als Verpackungsmaterial ist von Unternehmen und Verbrauchern erwünscht. Laura Gascho, Kunststoffingenieurin und Expertin für Anwendungstechnik Folien und nachhaltige Materialien beim Verpackungsmaschinenhersteller Schubert Group, spricht im Interview mit FACHPACK360° über die Entwicklungen und Herausforderungen für die Branche.

Laura Gascho untersucht einen Papierumschlag an einem Stehtisch. Laura Gascho, Kunststoffingenieurin bei Schubert: „Wir möchten unserer Kunden bei der Materialwahl ebenso unterstützen wie bei der Konzeption einer Verpackungsmaschine.“

Welche Trends lassen sich bei den in der Süßwarenindustrie genutzten Verpackungsmaterialien feststellen, wie beispielsweise weniger Kunststoff, mehr Papier?

Seit Beginn der Nachhaltigkeitsdiskussion gibt es hier einen eindeutigen Trend weg vom Kunststoff hin zum Papier. Rund 80 Prozent unserer Kunden wollen zumindest in der Lage sein, Papierfolie zu verarbeiten. Von unserer Seite sind schnelle Änderungen möglich. Bis jetzt setzt sich der faserbasierte Schlauchbeutel aber noch nicht so richtig durch.

Was sind die Gründe dafür?

Zum einen liegt das an den Kosten für Papier, und zum anderen an der fehlenden Barriere. Um Siegelbarkeit und eine anständige Barriere für den Schutz vor externen Einflüssen und eine Feuchtigkeits- und Fettbarriere zu schaffen, muss das Papier mit Kunststoff kombiniert werden, und das schadet der Recyclingfähigkeit.

Ist ein Papiereinsatz komplett ohne Kunststoff möglich?

Bis jetzt noch nicht, aber wir unterstützen den Trend, so wenig Kunststoff wie möglich in Umlauf zu bringen, aber nur wenn es auch wirklich die nachhaltigere Lösung ist. Wir plädieren an unsere Kunden, sich für dispersionsbeschichtetes Papier mit möglichst wenig Kunststoff zu entscheiden und nicht für kaschierte Varianten. Papier kann den Kunststoff ideal bei Multipacks ersetzen. Auch für einige Produkte und Verpackungen, die keine hohe Barriere erfordern, kann Papier eine gute Lösung sein.

Bei welchen Produkten kann Papier denn bereits eingesetzt werden?

Sinnvoll ist dies bei Schokoladen ohne Nüsse, schokolierten Produkten wie Marzipan in Schokolade oder teilweise auch bei Müsliriegeln.

Welche Möglichkeiten gibt es für Produkte, die höhere Barrieren benötigen?

Hier ist immer noch das Monomaterial die nachhaltigste Lösung und der Trend zum verstärkten Einsatz geht weiter. Durch das längsseitige Siegeln mit Ultraschall und quer mit unserer mitlaufenden Quersiegeleinheit können wir die Folie besonders schonend verarbeiten, ohne dabei Leistung einzubüßen. Dagegen werden bei Verpackungen, die hohe Barrieren und damit hohe Dichtigkeit brauchen (MHD), noch Mehrschichtfolien eingesetzt. Doch die Kunden bewegen sich verstärkt weg von den Mehrschichtverfahren hin zu den Monomaterialien. Es gibt hier auch schon einige Produkte, die über eine hohe Barriere verfügen.

Gibt es Materialien, die von den Produzenten nur noch in wenigen Fällen oder sogar gar nicht mehr eingesetzt werden?

PVdC ist ganz klar ein Material, das kaum noch eingesetzt wird, vor allem in Europa. Es ist ein guter Barrierekunststoff, aber es stört den Recyclingvorgang und kann bei der Verbrennung gesundheitsschädlich sein. Auch Verbunde aus verschiedenen Kunststoffen werden immer weniger verwendet. Da man die Kunststoffe nicht voneinander trennen kann, kann man sie auch nicht recyceln, so dass schließlich nur das Verbrennen bleibt. Dazu kommt auch ein Trend weg von der Metallisierung.

Sie haben den Trend weg von Kunststoff hin zu einem stärkeren Einsatz von Papier genannt. Ist die Nachhaltigkeit hier der wesentliche Faktor?

Die meisten unserer Aufträge und Projekte haben mit Nachhaltigkeit zu tun. Die Unternehmen wollen sie, besonders die Konzerne, die KMU liegen ein bisschen dahinter. Aber alle beschäftigen sich damit. Der Trend geht weg vom Kunststoff, aber wir können nicht alle Kunststoffverpackungen so einfach durch faserbasierte Lösungen ersetzen. Das ist Kunden immer wieder nicht bewusst, und wir müssen es ihnen erst einmal erklären. Erstens reichen unsere Bäume dafür nicht, denn jede Lebensmittelverpackung aus Papier ist aus Frischfasern, da ist kein Recyclingmaterial drin. Und zweitens ist die wichtigste Funktion der Verpackung die Barriere, und das können Papier und Karton nicht. Aber auch hier bewegt sich der Markt sehr schnell.

Also ist immer noch eine Kombination Papier und Kunststoff erforderlich?

Ja, und das ist auch der Grund, aus dem Verpackungen aus Papier und Karton nur sehr langsam die Verpackungen aus Kunststoff ersetzen. Dazu kommen die Probleme mit der Wirtschaftlichkeit der reinen Papierverpackungen.

Die Schubert Group hat ihren Sitz in Crailsheim, zur Gruppe gehören Tochterunternehmen in den USA, Großbritannien und China sowie den Bereichen IT, Präzisionsteile und Verpackungsservice. Das 1966 gegründete Unternehmen mit rund 1.700 Mitarbeitern produziert Verpackungsmaschinen für die Branchen Lebensmittel, Süßwaren, Getränke, Pharmazeutika und Kosmetik sowie technische Artikel und gilt als Weltmarktführer bei den Top-Loading-Verpackungsmaschinen. Auf der Fachpack 2024 ist die Schubert Group vertreten.