Verpackungen mit Wow-Effekt – mehr als nur ein Gag
Verpackungen sind wie Visitenkarten für Produkte. Gut gestaltet erzählen sie Geschichten, senden besondere Botschaften, wecken positive Emotionen und lassen staunen. Wie schaffen sie es, Wow-Effekte zu erzeugen und auch der oft verpackungskritischen Generation Z zu gefallen? Mit diesen Themen befassen sich Dr. Uwe Lebok und Nina Dörrbaum von der K&A BrandResearch AG.
Die Kunststoffhülle des Toastbrots ist nur mit einem riesigen Preisetikett in hellorangen Ziffern bedruckt. Auf der tiefroten Chipstüte prangt fast provokativ die Zahl „1.09“. Im September hat der Discounter Penny diese Sonderedition herausgebracht: Auf den Packungen von fünf ausgewählten Lebensmitteln wird nicht angepriesen, wie fluffig, frisch oder knusprig sie sind, sondern es steht lediglich darauf, was sie kosten – ein Novum in der Branche. „Auch der Preis kann ein Wow-Effekt sein“, sagt Dr. Uwe Lebok, Vorstand von K&A BrandResearch. Gerade in Zeiten von Rezession und Inflation sind Schnäppchen wertvolle Alltagshelfer.
Doch wie entsteht ein Wow-Effekt überhaupt? „Es kommt immer auf die Zeitgeistkonstellation an und wie die Menschen gerade ihren Alltag organisieren“, versichert Lebok. Ein Beispiel: wären wir im Krieg, hätten alle Meldungen, die Frieden und Hoffnung versprechen, dieses Potenzial. Wow-Momente sind überraschend und spektakulär. Man spricht über sie und sie machen das Leben leichter und schöner.
Im Idealfall strahlt auch eine Verpackung eine solche Attraktivität aus. „Wenn sie einen Wow-Effekt hat, dann schaue ich hin und wenn ich ihn mit einer Marke verbinde, umso besser“, betont der Markenexperte. Die Aufmerksamkeit der Konsumentinnen und Konsumenten lässt sich zum Beispiel gewinnen, indem man für ein eingeführtes Produkt zusätzliche Anlässe schafft wie etwa beim Grill-Senf von Händlmaier oder den Freibad-Pommes von Iglo. In der Realität wird wohl niemand im öffentlichen Planschbecken an diesen Fritten knabbern. Aber die Tüte mit dem türkisblauen Pool im Hintergrund weckt bei den meisten positive Assoziationen. Wer erinnert sich nicht gerne an endlos scheinende Freibad-Sommer mit Schwimmen, Tauchen und Pommes rot-weiß?
Eine Frage stellt sich grundsätzlich: Ist die konsumkritische Generation Z, also die Altersgruppe, die zwischen 1995 und 2010 geboren wurde, überhaupt noch von Verpackungen zu begeistern, egal wie originell das Design und wie attraktiv der geschaffene Kontext ist? Nina Dörrbaum, Brand Consultant bei K&A BrandResearch, sieht hier einen gewissen Widerspruch. Denn viele aus dieser Peer Group forderten zwar mehr Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung, setzten dies aber im eigenen Alltag eher zögerlich um. Ganz nach dem Motto „Say this, do that“.
In Richtung Verpackungsindustrie sendet die junge Generation sogar gute Nachrichten: „65 Prozent von ihnen stimmen zu, dass Verpackungen sehr wichtig sind, während die Babyboomer hier im niedrigen 50er-Bereich liegen“, berichtet Dörrbaum aus einer Studie. Zudem tickten die verschiedenen Altersgruppen unterschiedlich. Was den Boomer entzücke, rufe beim Zoomer vielleicht nur ein müdes Schulterzucken hervor und umgekehrt.
Digital Natives shoppen häufiger als Ältere im Internet, bestellen sich gerne Essen nach Hause oder nutzen Take-away-Boxen – ein Konsumverhalten, das sich auch im Verpackungsdesign niederschlägt. „Eine Verpackung muss nicht mehr allumfassend über das Produkt informieren. Das geschieht schon zu Hause am Bildschirm“, sagt Dörrbaum. So gebe es mehr Raum für eine ansprechende Gestaltung wie bei Hismile, einer Zahnpasta-Marke in farbenfrohen Airless-Pumpflaschen.
Darüber hinaus geht der Trend in dieser Generation zur Individualisierung. Für die äußere Hülle heißt das: Die einzelnen Produktvarianten müssen durch sie optisch voneinander getrennt sein. „Es ist ein Statement, was ich im Moment gerade brauche und das muss auch bei der Verpackung klar werden“, erläutert Dörrbaum die Denkweise der Generation Z. MyMuesli wirbt beispielsweise mit Dosen, auf denen Fotos von relevanten TikTok-Influencern zu sehen sind.