In Wien den Kaffeebecher kaufen, in München zurückgeben
22.10.2024 Retail Brands Industry Look into Europe Artikel

In Wien den Kaffeebecher kaufen, in München zurückgeben

Die Einführung von wiederverwendbaren Tassen, Bechern und Geschirr mit einem Pfandsystem für Mitnahme oder Auslieferung von Mahlzeiten verläuft schleppend. Die Anbieter in Deutschland haben keinen leichten Weg bei der Markteinführung. Eine gute Position erreichte Recup aus München und startete nun auch in Österreich mit einem Mehrwegsystem für To-Go-Becher.

Thekenkraft überreicht recup-Becher an Kunde. Auch Bäckereien gehören zu den Partnern von Recup.
Zu Beginn des Jahres 2023 trat in Deutschland nach langen Verhandlungen und juristischen Prüfungen die Mehrweg-Angebotspflicht in Kraft, die Umsetzung ist von einem langsamen Tempo geprägt. Restaurants, Lieferdienste sowie Imbisse oder Bäckereien mit mehr als 80 Quadratmetern Fläche müssen für Getränke oder Essen zum Mitnehmen Mehrwegbehälter anbieten. Pfandsysteme, die es Kunden ermöglichen, das Geschirr deutschlandweit oder zumindest in ihrer Region zurückzugeben, sind rar.
Die beiden Recup-Gründer Fabian Eckert (r.) und Florian Pachaly mit recup-Behältern. Recup Gründer: Die beiden Recup-Gründer Fabian Eckert (r.) und Florian Pachaly starteten 2016 das erste Testverfahren für ein Pfandsystem.
Fabian Eckert und Florian Pachaly wagten bereits 2016 und damit lange vor Einführung des Gesetzes, den Einstieg und starteten mit Recup in Rosenheim ein Testverfahren für Getränkebehälter zum Mitnehmen plus Pfand. Den beiden Unternehmensgründern gelang im Laufe der Zeit der gewünschte Aufbau eines flächendeckenden Pfandsystems, heute kooperieren rund 20.000 Partnerunternehmen mit Recup. Dazu gehören Cafés und Restaurants sowie Einzelhandelsketten wie Alnatura, Bio Company, King, Denn’s Biomärkte und IKEA sowie Aramark und Sodexo aus dem Cateringbereich, Burger King, Aral und Shell. Das Sortiment umfasst Getränkebehälter in vier Größen, 2020 kam die Schale für Mahlzeiten Rebowl dazu, sie ist ebenfalls in vier Größen verfügbar.
Frau hält Recup-Bowl mit Deckel mit beiden Händen. Die Mahlzeiten in den Rebowls werden mit einem Deckel geschützt.

Start in Österreich

In diesem Frühjahr unternahm Recup den nächsten Schritt und startete im April in Österreich. Der Auftakt erfolgte in Wien, erste Partner sind die Denns Biomärkte, dann kam Le Crobag dazu. Nach dem Betrieb eines Pfandsystems über sieben Jahre in Deutschland ist Fabian Eckert überzeugt, dass ein flächendeckendes Aus- und Rückgabenetz funktioniert. „Wir glauben fest daran, dass Österreich bereit ist für einen Wandel im Bereich der To-go-Verpackungen." Die ersten sechs Monate nach dem Start des Systems waren geprägt von großer Offenheit für Mehrweg und das Thema Müllvermeidung, lautet das Zwischenfazit von International Sales Manager Johannes Weih. Sie mussten aber auch eine spürbare Zurückhaltung bei der Umsetzung eines solchen Systems feststellen. „Wir sehen jetzt langsam, aber mehr und mehr Nachfrage sowohl aus ländlichen Regionen nahe Deutschlands wie Salzburg und Tirol, als auch aus Wien.“

Das Pfand- und Rücknahmesystem erstreckt sich über beide Länder. „Man kann morgens in Wien mit einem Kaffee im Recup in den Zug steigen und ihn in München wieder zurückgeben“, sagt Weih.

Ziel: Kooperation mit Einzelgastronomie

Nach der anfänglichen Zusammenarbeit mit den Ketten gehe es jetzt darum, auch Einzelgastronomie und kleine Ketten als Partner zu gewinnen. Parallel dazu gebe es weiterhin Gespräche mit großen Partnern aus dem Bereich Handel, Gastronomie und Handwerk. Im Mittelpunkt stünden dabei Unternehmen mit positiven Erfahrungen aus Deutschland, nennt Weih die Zielgruppe. Doch die Situationen in beiden Ländern unterscheiden sich, da es in Österreich für viele Gastronomiebetriebe keine Pflicht gibt, Mehrwegangebote bereitzustellen. „In Österreich gibt es bisher keinen politischen Druck, Mehrweg anzubieten.“ Eine Rolle spiele aber auch die geringere Bekanntheit von Recup in der Alpenrepublik. Der Schwerpunkt liege nun auf der Etablierung des Systems, der Einstieg in andere Länder und das Datum dafür seien völlig offen.

Die Verantwortlichen bei Recup setzen auch auf eine stärkere Harmonisierung in beiden Ländern, möglichst aber direkt auf EU-Ebene. Hier zeige die Entwicklung um die PPWR positive Signale, doch die Einwegindustrie habe die Verordnung mit starkem Lobbydruck deutlich abgeschwächt. „Jedoch ist der verhandelte Kompromiss, der die Förderung von Mehrweg, Verpackungsverboten und Rezyklateinsatzquoten umfasst, ein wichtiger Schritt in Sachen Müllvermeidung“, so Weihs Einschätzung. Die EU-weit geltenden verbindlichen Abfallvermeidungsziele und Mehrwegquoten bildeten für sie einen Meilenstein.