IKEA: Verpackung in einer Welt im Wandel
21.05.2024 Brands New Paths Insights Interview

IKEA: Verpackung in einer Welt im Wandel

IKEA gehört mit rund einer Million Tonnen Verpackungsmaterial zu den globalen Schwergewichten. Wir haben mit Allan Dickner, Packaging Development Leader bei IKEA of Sweden, über die Herausforderungen in einer sich wandelnden Welt gesprochen. Im Fokus: Nachhaltigkeit, viel neues Denken, der Café-Latte-Becher und seine Regulierung, Kunststoff, Mehrweg, Paletten aus Papier und Paper Wrap als nächster großer Beitrag für die Kreislaufwirtschaft.

Allan Dickner, Packaging Development Leader bei IKEA of Sweden Allan Dickner ist Packaging Development Leader bei IKEA of Sweden.

Sie sprechen von einer Welt im Wandel. Welche Faktoren ragen dabei heraus?

Es gibt eine ganze Reihe von Einflüssen, die unsere Welt entscheidend verändern. Dazu gehören beispielsweise Digitalisierung, Kreislaufwirtschaft, Klima, Corona und regulatorische Eingriffe. Die Entwicklung verändert zentrale Parameter. Vieles bleibt lange im Unklaren. Das hat einen großen Einfluss auf die Art und Weise, wie wir konsumieren, Waren produzieren, verpacken und transportieren.

Beispiel Nachhaltigkeit: Wie geht man bei IKEA mit diesen Veränderungen um?

Es ist grundsätzlich so, dass man gut überlegen und planen muss. Die Komplexität hat zugenommen. Ich vergleiche es mit einem Flugzeug auf der Startbahn. Da kann man nicht einfach sagen „Anschnallen, wir geben jetzt Gas“. Es braucht den Tower, der schaut, ob die Startbahn klar, der Luftraum frei und die geplante Strecke sicher ist. Schnellschüsse führen nicht ans Ziel.

Wir bei IKEA arbeiten für Menschen auf der ganzen Welt. Da treffen wir auf sehr unterschiedliche Voraussetzungen. In reichen Ländern kann man vielleicht sagen, okay, Kreislaufwirtschaft ist wichtig, dann kostet das halt mehr. Aber wir wollen auch Menschen in Indien mit unseren Produkten helfen. Da spielen Kosten eine große Rolle. Das muss man bedenken. Auch das gehört zu Nachhaltigkeit.

Verpackungsverbrauch von IKEA                           Verpackungszahlen von IKEA im Jahr 2023

Sie sprechen von großen Herausforderungen und viel neuem Nachdenken über Verpackungen. Können Sie ein Beispiel geben?

Um es simpel auszudrücken: Früher hat man einfach alles in Kunststoff eingewickelt. Das Material ist leicht, flexibel und stabil, kann gut mit spitzen Ecken und Kanten umgehen. Diese Eigenschaften sind beispielweise bei unseren Fitting Bags zentral, die Schrauben und Material für die Montage unserer Produkte enthalten. Davon benötigen wir rund 400 Millionen Stück pro Jahr. Da muss man überlegen, wie Papier das leisten kann.

Was tut sich in Bezug auf Nachhaltigkeit bei Sekundärverpackungen?

Es gibt starke Hebel auch innerhalb der faserbasierten Lösungen. So verwenden wir für den Transport, abgesehen von der letzten Meile, schon lange keine Holzpaletten mehr, sondern Paletten aus Papier. Das spart wertvolle Ressourcen und Transportkapazitäten. Unsere Papierpaletten sind nur 50 mm hoch, das summiert sich auf 5 bis 6 Kubikmeter mehr Produkte pro Container. Bei voller Recyclingfähigkeit.

Was hilft die Recyclingfähigkeit, wenn die Politik Mehrweg verlangt?

Stimmt, die neue Packaging and Packaging Waste Regulation sieht vor, dass Transportverpackungen ab 2030 Mehrweg sein muss. Ganz ehrlich: Die Regulierer haben die Komplexität der globalen Welt nicht verstanden. Bei IKEA komprimieren wir die Papierpaletten und bringen sie mit minimalem Volumen in das Recycling. Das funktioniert global, Mehrweg nicht. In Brüssel und Straßburg denkt man immer nur an den Becher für den Café Latte. Wir sind überzeugt, dass die Realität die Politik einholen wird und man erkennt, dass man einen Fehler gemacht hat. Zudem steht schon jetzt geschrieben, dass man auf Mehrweg verzichten kann, wenn man belegt, dass es keinen Kreislaufvorteil bringt. Also insgesamt: Ich bin da nicht beunruhigt.


Kunststoffverpackungsvebrauch von IKEA   Seinen Kunststoffeinsatz hat IKEA in denletzten Jahren bereits massiv reduziert.

Wie sieht es bei Kunststoff versus Papier bei Sekundärverpackungen aus?

Den Kunststoffeinsatz haben wir seit 2020 um rund 45 Prozent reduziert. Auch da ist 100 Prozent unser Ziel. Zu den größten Hebeln gehören Stretchfolien und Straps für die Transportsicherung. Davon benötigen wir rund 10.000 Tonnen pro Jahr. Deshalb experimentieren wir mit Paper Wrap in verschiedenen Konstellationen. Das erfordert einen hohen Einsatz für die Entwicklung, auch im Bereich der Maschinen. Die Herausforderungen sind groß. Kunststoff lässt sich auf 250 Prozent ausdehnen, bei Papier erreicht man mit viel Glück 10 Prozent. Die Frage ist also, wie man mit Papier die gleiche Produkt- und Ladungssicherheit erreichen kann?

Gibt es bereits Lösungen beim Paper Wrap? Vielleicht schon auf der FACHPACK?

Definitiv! Unsere Entwicklungspartner borrmannplus verpackungen und EW Technology werden auf der FACHPACK Paper Wrap für Unit Loads zeigen. Ein echter Meilenstein. Der Verzicht auf Stretchfolien und Straps aus Kunststoff wird unser nächster großer Beitrag für die Kreislaufwirtschaft.