Studie: Verbrauchern fehlt das Know-how für nachhaltige Verpackungen
26.03.2024 Insights Artikel

Studie: Verbrauchern fehlt das Know-how für nachhaltige Verpackungen

Nach den Ergebnissen der neuen Studie DLG-Insights Sustainable Packaging 2024 der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft fehlt vielen Konsumentinnen und Konsumenten unter anderem das Wissen über die Verpackungsmaterialien. Nur eine Minderheit ist bereit, mehr Geld für eine entsprechende Verpackung auszugeben.

Holger Buxel, Professor für Dienstleistungs und Produktmarketing an der FH Münster. Holger Buxel ist Professor für Dienstleistungs- und Produktmarketing an der FH Münster. Er ist Mitautor der Studie DLG-Insights Sustainable Packaging 2024.
Unternehmen der Lebensmittelindustrie und mit ihnen auch der Verpackungsindustrie sind weiterhin in Fragen der Nachhaltigkeit der Verpackungen gefordert. Oben auf der Liste stehen die Suche nach bezahlbaren Lösungen für geeignete Materialien, weitergehende Informationen für die Verbraucher, um das lückenhafte Know-how zu verbessern und die Akzeptanz durch die Konsumenten zu steigern, sowie die Frage nach passenden und übersichtlichen Siegeln für die Verpackungen. Mit diesen Themen hat sich die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) in der neuen Studie DLG-Insights Sustainable Packaging 2024 auseinandergesetzt. Studienautoren sind Prof. Dr. Holger Buxel, Professor für Marketing im Lebensmittelbereich an der Fachhochschule Münster, und Dipl.-Ing. Simone Schiller MPH, Geschäftsführerin DLG-Fachzentrum Lebensmittel. Grundlage der Untersuchung war eine repräsentative Befragung von 1.000 Verbrauchern im Frühjahr 2023.
Infografik Balkendiagramm mit Ergebnissen der DLG Insights Sustainable Packaging 2024 Studie. Die Infografik zeigt die DLG-Ergebnisse zur Umfrage: Wie ist die Bekanntheit von Siegeln und Labeln beim Thema umweltfreundlichen Verpackungen?

Mangelnde Zahlungsbereitschaft

Für 79 Prozent der Befragten müssten die Verpackungen umweltfreundlicher produziert werden. Für die Verbraucher seien die Produzenten der Verpackungen (67 Prozent) und der Lebensmittel (58 Prozent) gefordert, um eine Verbesserung zu erreichen, so die Studie. Studienautor Buxel sieht die Unternehmen „hier vor der zentralen Herausforderung, umweltfreundlichere Verpackungskonzepte zu entwickeln“. Als Rahmen für eine Umsetzung dieser Frage nennt er die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten und deren Bereitschaft, ihr Kauf- und Entsorgungsverhalten entsprechend zu verändern. Denn 73 Prozent der 186 befragten Unternehmen stuften die mangelhafte Zahlungsbereitschaft als größte Barriere für einen stärkeren Einsatz der nachhaltigen Verpackungen ein.

„Aktuell ist die Situation so, dass viele Verbraucher gar nicht einordnen können, ob ein Produkt eher umweltfreundlich verpackt ist oder nicht, und dass die Zahlungsbereitschaft für umweltfreundliche Verpackungen niedrig ist“, erklärt Buxel gegenüber FACHPACK360°. Die Anbieter der Lebensmittel müssten den Kunden deshalb die umweltrelevanten Faktoren verdeutlichen und die Vorteile dieser Verpackungen kommunizieren. Es gebe Defizite bei der Verständlichkeit der Angaben. Nach Einschätzung von 64 Prozent der Anbieter ist den Verbrauchern nicht bekannt, welche Lebensmittel wie weit nachhaltig verpackt seien.

Kunden wünschen genauere Informationen

Dabei stoßen die Unternehmen mit entsprechenden Kommunikationskonzepten aber nicht auf taube Ohren, denn 65 Prozent der Befragten wünschten sich weitere und genauere Informationen, lautet Buxels Schlussfolgerung. Ein wesentliches Element sei eine gute Platzierung auf der Verpackung. „Also in den Sichtbereichen wie beispielsweise auf der Vorderseite der Produkte, nicht im Kleingedruckten.“ Sie wünschten Angaben, die sie leicht und schnell verarbeiten könnten. Lange Texte oder aufwändige Erklärungen seien hier oft nicht zielführend, so Buxel weiter.

 

Labels als wichtiges Kriterium

Wegweiser seien die entsprechenden Siegel oder Labels. Die Unternehmen sollten durch den Einsatz der Labels mit den Kunden kommunizieren. Durch eine grafische Aufbereitung könne die Information visuell selbsterklärend und ohne große Worte vermittelt werden. Entscheidend für die Glaubwürdigkeit des Labels nennt Buxel drei Kriterien. „Die Vergabe des Labels muss auf klar definierten Kriterien beruhen. Zudem ist es wichtig, dass die Kriterien einfach und nachvollziehbar sind, also auch Laien verstehen, was da geprüft wurde. Und schließlich muss die Einhaltung der Kriterien extern und unabhängig überprüft werden.“ Er rät dazu, dass die beteiligten Unternehmen und Branchen sich auf einige wenige Label konzentrieren. „Zu viele Label führen zur Verwirrung der Verbraucher.“ Dabei stehen nach den Ergebnissen der Studie der Grüne Punkt und das Mehrweg-Label an der Spitze, sie seien jeweils 76 Prozent der Befragten bekannt, das Recycling-Dreieck 74 Prozent. Stark beachtet würden Aussagen zu Mehrweg/Wiederverwendbarkeit und Recycling, die Aufmerksamkeit für das Thema Klimaschutz sei niedriger.

Klimaschutz sei ein wichtiges Ziel, aber eines unter mehreren, lautet Buxels Einschätzung. Die meisten Maßnahmen für einen umweltgerechten Einsatz der Verpackungen führten automatisch zu mehr Klimaschutz. Doch auch hier gebe es für die Verbraucher Probleme bei der Verständlichkeit. „Verbraucher finden Begriffe wie „Klimafreundlich“ meist unspezifisch und auch nicht sehr verständlich. Die reagieren stärker auf Eigenschaften wie „Recyclingfähig“ oder „Mehrweg“. Verbraucher wünschen es konkret. Das Thema Klimaschutz bewusst in den Mittelpunkt zu stellen, ist daher vielleicht gar nicht so zielführend.“