• 05.01.2024
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Fest verbunden: Tethered Caps bald Standard

Ab Juli 2024 dürfen Einweggetränkebehälter aus Kunststoff nur noch in Verkehr gebracht werden, wenn ihre Kunststoffverschlüsse und -deckel während der gesamten Nutzungsdauer fest mit dem Behälter verbunden sind - wie weit sind die Hersteller?

Tethered Caps auf zwei Kunststoffflaschen
Die meisten Verschlusshersteller bieten passende Tethered-Cap-Varianten zu den bisher verwendeten Verschlüssen an.
Verschlüsse und Deckel von Getränkebehältern aus Kunststoff gehören zu den Einwegkunststoffartikeln, die bei Strandsäuberungsaktionen in der Europäischen Union am häufigsten als Abfall gefunden werden. Aus diesem Grund hat die EU diese Verpackungskomponenten in ihre Richtlinie über Einwegkunststoffe (EU-Richtlinie 2019/904) aufgenommen, die bereits regelt, dass Wattestäbchen, Trinkhalme, Besteck, Teller und Becher aus Kunststoff EU-weit nicht mehr verkauft werden dürfen. Ab dem 03. Juli 2024 betrifft die Richtlinie auch Verschlüsse von Einweggetränkeverpackungen aus Kunststoff. Bei einem Füllvolumen von bis zu drei Litern sind dann nur noch Verschlüsse erlaubt, die während der gesamten Nutzungsdauer fest mit dem Behälter verbunden sind. Dies gilt nicht nur für Säfte und Erfrischungsgetränke, sondern auch für Verpackungen von Milch und anderen Molkereiprodukten. 
Verbunde Kappen auf Milchkartons
Berchtesgadener Land H-Milch jetzt mit angebundener Kappe und one-step-opening

Kein Mangel an Verschlussvarianten

Getränkehersteller und Molkereien standen vor dem Problem, die neuen Anforderungen in ihre Abfüllanlagen zu integrieren. Bis zu 1.350 Abfüllanlagen in der EU müssen laut einer Studie von PwC umgestellt werden. Viele Unternehmen fürchten zudem, ihre Kunden mit unpraktischen Lösungen zu vergraulen.

Doch Hersteller und Ingenieure waren in der Lage, zügig innovative Lösungen zu entwickeln. So betont der Anlagenhersteller KHS, dass die meisten Verschlusshersteller passende Tethered-Cap-Varianten zu den bisher verwendetenVerschlüssen anbieten – darunter auch leichtere Verschlusstypen oder solche, die auf nachwachsenden Rohstoffen basieren. 

Auch der bei Verbundkartons tonangebende Verpackungsriese Tetra Pak hat sich schnell auf den neuen Bedarf eingestellt und ein ganzes Arsenal an fest verbundenen Deckeln mit nachhaltigem Mehrwert ins Sortiment aufgenommen. „Insgesamt bringt Tetra Pak 40 verschiedene Verpackungen mit Tethered Caps auf den Markt, die alle Verschlüsse aus pflanzenbasierten Materialien beinhalten. So bieten wir unseren Kunden eine große Produktpalette unterschiedlicher Lösungen, die sich an verschiedene Bedürfnisse anpassen können“, teilt Tetra Pak mit

Einige Molkereien und Getränkehersteller sind bereits auf die neuen Verschlüsse umgestiegen, während andere sich noch in der Umstellungsphase befinden oder weitere Optimierungen anstreben.

Strategien für die Umstellung

Viele der neuen Konzepte basieren auf der engen Zusammenarbeit zwischen Verpackungsanbietern und ihren Kunden. So verkauft NordseeMilch als erste Molkerei Deutschlands bereits seit Juli 2022 ihre Milchpackungen nur noch mit fest verbundenen Deckeln. Die von Elopak entwickelte Verschlusskappe sei vollständig recycelbar und dem Unternehmen zufolge leichter als alle bisherigen Varianten. „Der Wechsel auf den neuen Pure-TwistFlip lässt sich auf bestehenden Abfüllanlagen mit relativ geringem technischen und zeitlichen Aufwand realisieren“, betont Elopak zudem.

Kunststoffschläuche für Milch von Hemme
Der Milchbeutel von Hemme hat weniger Schichten als herkömmliche Milchverpackungen und wiegt nur 14g.

Berchtesgadener Land setzt die Forderung für H-Milch Anfang 2023 um und hat dafür begonnen, vier neue H-Milch-Anlagen anzuschaffen und in Betrieb zu nehmen. Der eingesetzte HeliCapTM 23 Pro Verschluss stammt dabei aus dem Sortiment von Tetrapak. „Mit der für die Umwelt wichtigen Verbesserung wird gleichzeitig der Kundenwunsch nach einem einfachen Öffnungshandling erfüllt und auf ein One-Step-Opening-Verschlusssystem umgestellt“, schreibt die Molkerei.

Dass sich das Problem mit dem Schraubverschluss durch innovatives Design auch ganz aus der Welt räumen lässt, zeigt beispielsweise Hemme Milch mit seinen Milchbeuteln von Ecolean, die ohne eckel auskommen. Dieses innovative Verpackungskonzept überzeugte auch die Jury des German Brand Award 2023, bei dem die Molkerei die Kategorie „Product Brand of the Year“ für sich entscheiden konnte. 

Coca-Cola Flasche aus Kunststoff mit verbundener Kappe
Im Herbst 2021 hat Coca-Cola damit begonnen, Tethered Caps einzuführen.

Fortschritte auf unterschiedlichem Niveau

Im Softdrink-Segment ist Coca-Cola bereits früh mit einer eigenen Lösung vorgeprescht. Im Herbst 2021 begann der Konzern mit der Einführung von Tethered Caps.Seitdem wurden nach und nach immer mehr Getränke in PET-Einwegflaschen mit Verschlüssen auf den Markt gebracht. An insgesamt elf Standorten in Deutschland füllt Coca-Cola Getränke in Einwegflaschen ab. Dem Konzern zufolge müssen 20 Produktionslinien umgestellt werden. Im Dezember 2023 sei dies bei 15 davon der Fall gewesen. Parallel dazu plant der Getränkekonzern schon die Einführung einer weiterentwickelten Verschlusslösung: ein gewichtsreduzierter Bügelverschluss, der Vorteile beim Recycling und der Materialersparnis bringen soll. 

Viele weitere Unternehmen sind dagegen noch in der Umstellungsphase. So hat Gerolsteiner im März 2023 mit dem Einsatz von Tethered Caps begonnen. Als erstes wurde die Gerolsteiner 1,5 Liter-PET-Einwegflasche sukzessive mit Tethered Caps ausgestattet. Ende 2023 folgten Getränke in 1,0 Liter- und 0,75 Liter-PET-Einweg-Gebinden. Bis Ende des ersten Quartals 2024 soll der Umstellprozess vollständig abgeschlossen sein.

Andere wiederum waren mit den Ergebnissen noch nicht zufrieden. So hat der Bad Dürrheimer Mineralbrunnen seinen „Bleib dran Verschluss“ für Mineralwasser der Marke Wittmannsthaler vorerst wieder vom Markt genommen. „Unsere Versuche mit dem neuen Lass dran Verschluss im Herbst 2023 haben sowohl viele unserer Kunden als auch uns nicht zufriedengestellt. Deshalb stellen wir die Verwendung dieses Verschlusses vorerst ein“, begründet das Unternehmen den Schritt. Ab Juli 2024 soll aber eine neue Lösung bereitstehen. Eine andere Möglichkeit hat Bad Dürrheimer aufgrund der immer näher rückenden Deadline auch nicht – und steht damit nicht alleine da.

Auch mit Blick auf die Verbraucherakzeptanz bleibt den Herstellern nichts anderes übrig, als bequemere Lösungen zu entwickeln oder auf eine allmähliche Gewöhnung zu setzen. „Es ist davon auszugehen, dass 2024 zunehmend ein Gewöhnungseffekt bei Verbrauchern eintritt. Dafür wird die fortschreitende und schließlich endgültige Umstellung aller Einweg-Getränkeverpackungen auf Tethered Caps sorgen“, ist sich Tilmann Rothhammer, Geschäftsführer Customer Service & Supply Chain bei CCEP DE, sicher.