Gesetzesentwurf: Wer auf Einwegverpackungen setzt, soll zahlen
17.02.2023 Industry Interview

Gesetzesentwurf: Wer auf Einwegverpackungen setzt, soll zahlen

Die Hersteller von Produkten aus Einwegkunststoff sollen sich an den Sammlungs- und Reinigungskosten der Kommunen beteiligen. Die Wirtschaft kritisiert den Gesetzesentwurf Einwegkunststofffondsgesetz (EWKFondsG). Der auf Umwelt- und Verpackungsrecht spezialisierte Rechtsanwalt Michael Below von der Kanzlei Heuking Kühn Luer Wojtek erklärt im Exklusiv-Interview die Sichtweise der Verpackungsbranche.

Rechtsanwalt Michael Below ist spezialisiert auf Umwelt- und Verpackungsrecht Rechtsanwalt Michael Below ist spezialisiert auf Umwelt- und Verpackungsrecht.

Hersteller von Produkten aus Einwegkunststoff sollen sich an den Sammlungs- und Reinigungskosten beteiligen, heißt es im aktuellen Gesetzesentwurf. Wen betrifft die Sonderabgabe?

Die Sonderabgabe betrifft Verpackungshersteller, aber auch Unternehmer, die sich nur als Händler verstehen. Denn diejenigen, die befüllte Produkte aus Einwegkunststoff erstmals auf den Markt bringen, sollen ebenfalls einen Beitrag zahlen. Für sie alle sieht der Gesetzesentwurf eine Registrierungspflicht vor. 

Wie hoch ist die Sonderabgabe?

Die Beitragsbemessung hängt von der Menge des Kunststoffs ab. Die Preise sind pro Kilogramm Einwegkunststoff geplant und sollen dynamisch sein. Zahlen sind aber noch nicht veröffentlicht. In 2024 soll zunächst die Berichtspflicht kommen, im folgenden Jahr die Abgabepflicht. Die Hersteller zahlen dann in einen Fonds ein. Aus dem Fonds können vor allem die Kommunen künftig Gelder erhalten, denn diese finanzieren die Entsorgung des Abfalls.

Wie bewerten Sie das geplante Gesetz?

Ich sehe das aus rechtlicher Sicht kritisch. Ein Unternehmer kann derzeit kaum durchschauen, wie hoch die Kostenlast sein wird. Das ist sehr intransparent. Es gibt keine Kalkulationssicherheit für die Hersteller. Auch gibt es bei den Produkten keine klare Abgrenzung, etwa zwischen einem Getränke- und Lebensmittelbehälter. Hersteller von Getränkebehältern aus Einwegkunststoff sollen stärker zur Kasse gebeten werden. Aber was ist mit den gesunden Milchprodukten, wie einem Joghurtdrink, der meist zuhause verzehrt wird? Warum soll für dieses Produkt mehr gezahlt werden? Dass es verwerflich ist, Abfall auf die Straße zu werfen oder nicht ordnungsgemäß zu entsorgen, steht hier außer Frage. Das wollen auch die Verpackungshersteller nicht. Aber warum muss man solch ein komplexes System und einen bürokratischen Aufwand mit vielen Grenzfällen dafür haben – und das auf Kosten der Hersteller? Ganz grundsätzlich hat sich im Bereich der Produktverantwortung in Deutschland die Selbstorganisation der Wirtschaft bewährt, etwa mit den dualen Systemen. Hier wird ohne Not ein staatlich verwalteter Fonds beim Umweltbundesamt eingeführt.

Welche Konsequenzen sehen Sie?

Am Ende werden Getränke und andere Produkte aus dem Lebensmittelbereich spürbar teurer werden, denn die Hersteller werden die Zusatzkosten weitergeben müssen. Und das in einer Zeit, in der die Preise aufgrund der hohen Energiekosten und Inflation ohnehin schon gestiegen sind. Das kann dazu führen, dass manche Produkte ganz vom Markt verschwinden. Noch gibt es zum Beispiel die Schlauchbeutelverpackung für Milch. Sie ist leichter und nachhaltiger als die Glasflasche. Dennoch soll es dafür eine Sonderabgabe geben. Das ist nicht nachvollziehbar. Ich rechne auch damit, dass es zu Klagen von Seiten der Industrie kommen wird. Das mag für uns Anwälte interessant sein, kann aber nicht im Sinne des Gesetzesvorhabens sein.

Hintergrund:

Ab 2025 sollen Hersteller von Einwegprodukten aus Kunststoff Geld an einen Fonds zahlen, der vom Umweltbundesamt verwaltet wird. Das in Artikel 1 des Gesetzes enthaltene Einwegkunststofffondsgesetz stellt den vorerst letzten Schritt zur Umsetzung der EU-Einwegkunststoffrichtlinie dar. Laut Bundesumweltministerium wären dies insgesamt 450 Millionen Euro pro Jahr. Die Kommunen, die bisher die Finanzierung der Abfallbeseitigung übernommen haben, sollen Mittel aus dem Fonds abschöpfen können. Die Höhe der Abgaben soll abhängig von der erstmals auf dem Markt bereitgestellten oder der verkauften Menge an Einwegkunststoffprodukten sein. Zu den betroffenen Produkten gehören zum Beispiel Zigaretten mit kunststoffhaltigen Filtern, Getränkebehälter aus Kunststoff und Luftballons. Während Kritik aus der Wirtschaft kommt, geht das geplante Gesetz Umweltverbänden nicht weit genug.