• 05.06.2023
  • Artikel

„Sozialer Kunststoff“ als globale Währung

Immer mehr Handelsunternehmen und Markenhersteller kooperieren mit der Plastic Bank. Die in Deutschland aufkommende Kritik an Klimalabels und Nachhaltigkeitsversprechen von Konsumgüterriesen hat die Initiativen rund um das Thema „Social Plastic“ bisher nicht betroffen.

'Für ein sauberes Meer: Plastic Bank bezahlt Menschen, wie hier in Indonesien, die Kunststoffabfälle am Strand einsammeln.
Für ein sauberes Meer: Plastic Bank bezahlt Menschen, wie hier in Indonesien, die Kunststoffabfällte am Strand einsammeln.

Kann Kunststoff sozial sein? Ja, sagt der kanadische Unternehmer David Katz, der 2013 die Plastic Bank mitgegründet hat. Das Prinzip dieses Unternehmens: In verarmten Küstenregionen sammeln Menschen Kunststoffmüll von Straßen, Stränden und Ufern, bringen es zu einer Sammelstelle und werden dafür mit Guthaben bezahlt. Das „Social Plastic“ soll, so das Ziel von Katz, zu einer global anerkannten und handelbaren Währung werden, die Armut reduziert und den Planeten sauberer macht. Der in Ländern wie Haiti oder den Philippinen eingesammelte Kunststoff wird sortiert und kann anschließend der Recycling-Wertschöpfungskette zugeführt werden – als Social Plastic: Durch die Verifizierung des Materials durch Plastic Bank wird bestätigt, dass die Sammler einen überdurchschnittlichen Preis für den Kunststoffabfall erhalten haben. Das aufbereitete Social Plastic kann in Produkten oder deren Verpackungen eingesetzt werden und schließt somit den Materialkreislauf.

Marken als gute Vorbilder

Henkel war das erste globale Konsumgüterunternehmen in Deutschland, das 2017 eine Kooperation mit Plastic Bank begann. Die Ketten Aldi und Metro sowie der Snackhersteller Lorenz gehören ebenfalls zu den Partnern. Auch der Konsumgüterkonzern Reckitt arbeitet seit mehr als einem Jahr mit Plastic Bank zusammen. 200.000 Tonnen Plastik produziert Reckitt nach eigenen Angaben jährlich. „Entsprechend stehen wir vor einer großen Herausforderung, wenn wir daran etwas ändern wollen. Aber wir können auch einen großen Unterschied machen“, sagt Michaela Kuhndörfer, die für den Sagrotan-Hersteller das Marketing in Deutschland, Österreich und der Schweiz verantwortet, berichtet die Lebensmittel Zeitung. Die Industrie produziert weltweit jährlich etwa 450 Millionen Tonnen Neuplastik.

Im September 2022 verpflichtete sich Reckitt zwölf Monate lang für jeden online verkauften Finish-, Sagrotan-, Calgon- oder Vanish-Artikel einen finanziellen Beitrag an Plastic Bank zu leisten. Dabei sollten mindestens 100 Tonnen Plastik von Plastic Bank gesammelt werden, bevor sie in den Ozean gelangen – das entspricht in etwa 5 Millionen Plastikflaschen. Bereits im November vermeldete Reckitt, dass fast 745.000 Plastikflaschen aus der Umwelt gesammelt worden seien. In einem nächsten Schritt setzt Reckitt mit einer Kampagne bei der Marke Sagrotan zusammen mit Plastic Bank auf die gleiche Vorgehensweise. Für jede verkaufte Verpackung soll an anderer Stelle eine Flasche gesammelt werden. „Wir wollen mit unserem Einsatz unter der Marke Sagrotan als gutes Vorbild voran gehen“, sagt Kuhndörfer. Erneut sollen 8 Millionen Flaschen gesammelt werden.

In den vergangenen Monaten und Jahren standen und stehen Kampagnen, die ökologische Nachhaltigkeit versprechen in der Kritik, das weiß auch Reckitt. Kuhndörfer weiß aber auch: „Wir benötigen Hilfe von unseren Partnern, um unsere Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.“ Es könne sein, „dass Konsumenten uns das nicht abkaufen“. Aufgrund der internationalen Ausrichtung und dem Vertrauen in die über Blockchain transportierten und einsehbaren Daten sei dies aber „die beste Lösung zum jetzigen Zeitpunkt“.