In Duftverpackungen treffen Emotionen auf Technik
4711 ist eine der bekanntesten Marken der Welt. Das Parfüm gehört zum Unternehmen Mäurer & Wirtz. Christiane Edelhoff verantwortet als Head of Packaging Development die Verpackungsentwicklung dieser und weiterer Duftmarken. Im Interview in der Reihe „Frauen in der Verpackungsindustrie“ spricht sie über die Herausforderungen und Faszination ihrer Branche.
Die meisten Menschen lieben eine bestimmte Parfümmarke, weil sie den Duft mögen – könnte man meinen. Aber warum sind gerade in der Duftbranche die Verpackungen oft hochwertig?
Düfte sind für die meisten Menschen, unabhängig von der Preiskategorie, Luxusartikel des Alltags. Die Verpackung verkörpert das anvisierte Markenimage und ist daher immer von zentraler Bedeutung. Zudem ist die Welt der Düfte sehr emotional. Oft sind es ansprechende und auffällige Verpackungen oder schöne Flakons, die die Aufmerksamkeit der Kundinnen und Kunden zum Probieren und Kauf der Düfte bewegen.
Mäurer & Wirtz deckt die gesamte Wertschöpfungskette ab: Begonnen beim Marketing über das Packaging bis zur Abfüllung werden sämtliche Prozesse über die Zentrale im Rheinland gesteuert. Welche Rolle spielt in dieser Kette die Verpackungsentwicklung?
Die Verpackungsentwicklung setzt das Verpackungsdesign für einen neuen Duft in ein funktionierendes Duftprodukt um, welches sich dann am Point of Sale präsentiert. In diesem Prozess haben wir viele unterschiedliche interne und externe Schnittstellen und sind von der Designfindungsphase bis hin zur Auslieferung an unsere Handelspartner involviert.
Am Anfang gilt es, die Idee technisch konstruktiv und wirtschaftlich zu bewerten, dabei schauen wir auf die Kosten für die Herstellung und die Möglichkeiten einer effizienten Abfüllung sowie auf die Transportsicherheit. In der Realisierungsphase werden die einzelnen Verpackungskomponenten bei externen Partnern hergestellt. Wir führen intern einige Tests mit der neuen Flakonverpackung durch, damit wir die bestmögliche Qualität garantieren können. Außerdem gilt es, die gesetzlichen Anforderungen an kosmetische Produkte zu erfüllen.
Wie kamen Sie dazu, in die Verpackungsentwicklung zu gehen?
Mein Interesse für Design und Grafik führte mich zu einer Ausbildung als Gestaltungstechnische Assistentin. Anschließend habe ich in einer Firma, die Verpackungen aus Karton herstellt und bedruckt, Prototypen entwickelt. Die Vielfalt der Verpackungswelt hat mich seither begeistert. Ich wollte noch weitere Werkstoffe wie Glas, Kunststoffe oder Metalle kennenlernen und habe daher Verpackungstechnik an der HDM in Stuttgart studiert. Der Weg, eine Designidee unter Berücksichtigung der konstruktiven und technischen Machbarkeiten, in eine hochwertige Produktverpackung umzusetzen, fasziniert mich bis heute.
Der Anteil von Frauen unter den Beschäftigten im Unternehmen mit 320 Mitarbeitenden liegt bei über 70 Prozent. Auch der Anteil der Frauen in Führungspositionen ist mit fast 40 Prozent vergleichsweise hoch. Woran liegt das?
Zum einen haben wir sicherlich Glück mit der Warenkategorie Düfte und kosmetische Produkte, mit der sich Frauen gut identifizieren können. Zum anderen haben wir mit Auszeichnungen wie „Great Place to Work“, „Best Company NRW 2023“ und „Fair Company 2023“ vom Handelsblatt gezeigt, dass wir eine interne Kultur der Zusammenarbeit geschaffen haben, die Frauen Weiterentwicklung und das Zusammenspiel von Beruf und Familie sehr gut ermöglicht.
Design for Recycling: Wie wird das bei den Marken von Mäurer & Wirtz umgesetzt?
Wir berechnen die Recyclingfähigkeit bereits frühzeitig in der Entwicklungsphase neuer Verpackungsdesigns, um Materialien oder Veredelungen, die schlecht zu recyceln sind, zu vermeiden. So setzen wir, wenn möglich, kein undurchsichtig besprühtes Glas für unsere Flakons ein, da dieses in der Altglas Sortierung nicht zu erkennen ist und ausgeschleust wird. Idealerweise passen wir die Materialien an die Infrastruktur des Recyclingstroms an. Bei dem Glas-Recyclingstrom wird dies durch die Kombination von Glas mit Metallen wie zum Beispiel Aluminium-Verschlüssen umgesetzt, da diese verwertbar aussortiert werden können. Zudem wird auf Papieretiketten oder Direktbedruckungen auf dem Glas gesetzt. Bei unserer neuen nachhaltigen Duftmarke hej:pure haben wir durch diese Prozesse eine zertifizierte Recyclingfähigkeit von 98 Prozent erreicht.
Welche Möglichkeiten gibt es noch? Die Sekundärverpackung einzusparen?
Für uns als Unternehmen ist das Thema Nachhaltigkeit relevant. Bei Mäurer & Wirtz gibt es seit 2019 ein steuerndes Nachhaltigkeitsteam, das aus den Bereichen Marketing, Personal und Verpackungsentwicklung besteht. Wir haben uns in den drei Säulen People, Planet und Produkt einige konkrete Ziele bis 2030 gesetzt. Eines davon ist die Materialreduzierung um zehn Prozent bis 2030. Wir haben daher unsere Sekundärverpackungen untersucht. Nach positiven Transporttests in der Logistikkette verzichten wir auf Schutzfaltschachteln, Schuber oder Einschlagfolien. Viele unserer Artikel können ohne weitere Umverpackung direkt in den Transportkarton gestellt werden.
Welche Trends sehen Sie bei Duftverpackungen?
Die Trends bei Verpackungsmaterialien werden maßgeblich durch die europäischen gesetzlichen Anforderungen geprägt. Der steigende Einsatz von Rezyklat bei Glas, Kunststoffen und bei Metallen wie Aluminium wird sicher ein Fokus sein. In unserem Produktportfolio setzen wir dies bereits um. Bei den Deosprays unserer Lizenzmarke s.Oliver Fragrances setzen wir erstmalig auf 100 Prozent PCR-Aluminium aus gebrauchten Getränkedosen. Die Innenteile der Flakonkappen von 4711 Acqua Colonia enthalten 30 Prozent PCR PP und bei der nachhaltigen Marke CARE ist der Verschluss aus 94 Prozent PCR PP.
Monomaterialien bevorzugt
Eine gute Recyclingfähigkeit wird in den nächsten Jahren auch über günstigere Entsorgungsgebühren forciert. Dies bedeutet für uns einen bevorzugten Einsatz von Kunststoffen, die bereits einem Stoffkreislauf zugeführt werden können und Monomaterialien sind. Ein Beispiel ist die Umstellung von Verschlüssen und Tubenschläuchen aus PE bei Kunststofftuben.
Bei unseren Faltschachteln achten wir darauf, möglichst Monomaterial ohne Folienkaschierungen zu verwenden. Für metallische Effekte gibt es hier bereits Transfertechnologien als Ersatz für vollflächige Kaschierungen. Darüber hinaus ist sicherlich der Einsatz thermogeformter Faserstoffe als Ersatz für Kunststoffe interessant.
Ein weiterer Trend bei Duftverpackungen ist die Wiederbefüllbarkeit. Hier gibt es die Möglichkeit von abschraubbaren Sprühpumpen, wodurch eine neue Befüllung über die Glasmündung des Flakons möglich ist. Allerdings setzt sich dies in der Praxis aufgrund aufwendiger Logistik und Prozesse aktuell nicht durch.