Verpackungen verhindern Lebensmittelabfälle
04.07.2023 Machinery Change Innovative Processes Artikel

Verpackungen verhindern Lebensmittelabfälle

Der Lebensmitteltechnologe und gelernte Metzger Professor Markus Schmid von der Hochschule Albstadt-Sigmaringen forscht über nachhaltige Verpackungen bei Fleisch und Wurstwaren.

Insbesondere bei Fleisch und Wurstwaren ist der ökologische Fußabdruck der Verpackung viel geringer als der des Produkts. Insbesondere bei Fleisch und Wurstwaren ist der ökologische Fußabdruck der Verpackung viel geringer als der des Produkts.

Professor Dr. Markus Schmid ist Institutsleiter des Sustainable Packaging Institute (SPI) an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen. Das SPI will alle Akteure der Verpackungswirtschaft entlang der gesamten Wertschöpfungskette auf ihrem Weg hin zu einer nachhaltigeren, kreislauforientierten Bioökonomie unterstützen. Im Interview mit der afz spricht er darüber, wie solche Verpackungen in Zukunft aussehen könnten.

Eine Verpackung mit weniger Kunststoff sei nicht automatisch nachhaltiger, sagt er. Grundsätzlich fehle es an wissenschaftlich nachvollziehbaren Bewertungen und Vergleichen, was eine nachhaltigere Verpackung sei. „Die Hauptfunktion einer jeden Verpackung liegt im effektiven Schutz von Lebensmitteln. Lebensmittelabfälle am Ende der Wertschöpfungskette stellen ein viel größeres Problem für die Nachhaltigkeit dar. Maßgeschneiderte und gut durchdachte Verpackungslösungen können dazu beitragen, einen Teil dieser Lebensmittelabfälle zu vermeiden, da eine möglichst lange Haltbarkeit der Lebensmittel sichergestellt werden kann.“

Der „Umweltfußabdruck“ einer Verpackung, also die CO2-Emissionen sowie der Verbrauch von Wasser, Energie und Rohstoffen bei ihrer Herstellung sei im Vergleich zu dem des Fleischs, das in ihr verpackt ist, deutlich geringer. Schmid nennt Beispiele: „Bei einem Rumpsteak sind 99,5 Prozent der CO2-Äquivalente mit dem Fleisch und nur 0,5 Prozent mit der Verpackung verbunden. Wenn man also nur ein Stückchen Steak wegwirft, ist die Verschwendung schon so groß wie die ganze Verpackung. Im Schnitt ist das Verhältnis bei Lebensmittel 90:10, die Verpackung macht also ein Zehntel aus.“

20 Prozent der Fleischwaren weggeworfen

Eine gute Verpackung sei nachhaltig, wenn sie die Haltbarkeit und Sicherheit der hochwertigen Fleisch- und Wurstwaren verbessere und die Lebensmittelabfälle eindämme. „Wenn wir die relative Haltbarkeit von einer Woche auf zwei Wochen verdoppeln, reduzieren wir die Abfälle im Handel im Schnitt um 40 Prozent. Deshalb hat sich auch beispielsweise Papier allein nicht durchgesetzt, denn wenn die Funktionalitäten nicht ausreichend sind, kommt es zu geringeren Haltbarkeiten, beispielsweise beim Tiefkühlgemüse zu Gefrierbrand. Das können wir uns bei wertvollen Lebensmitteln nicht leisten“, sagt der Experte im Interview mit der afz. Aktuell würden zum Beispiel 20 Prozent der Fleischwaren und Wurst weggeworfen. „Das müssen wir auch mit verbesserten Verpackungen ändern.“

Schmid geht davon aus, dass intelligente und aktive Verpackungen bald in den Kühlregalen zu finden sein werden. Zum Beispiel können diese Verpackungen zur Ermittlung des Mindesthaltbarkeitsdatums auch die Umgebungstemperatur erfassen und sie dynamisch mit in die Haltbarkeitsangabe einbeziehen. Damit muss weniger abgelaufene Ware entsorgt werden und es werden weniger Lebensmittel weggeworfen.

Der Lebensmitteltechnologe forscht außerdem über biobasierte Verpackungsmaterialien wie sogenannte Polymilchsäure(PLA)-Folien. Um den Anforderungen zur Verpackung von sensibleren Lebensmitteln, wie Käse- und Wurstaufschnitt, zu genügen, müssen die Barriereeigenschaften von PLA erhöht werden. Um dieses Ziel zu erreichen, stellt das Team von Schmid in dem Forschungsprojekt PLA4MAP tiefgezogene Schalen aus einem Verbund mit PLA als Hauptkomponente her. Die Herausforderung liegt hier in der Entwicklung eines biobasierten Verbundes aus PLA und einer Siegelfolie aus beschichteten Proteinen und Wachsen. Diese sind notwendig, um die Gas- und Wasserdampfbarriere-Eigenschaften zu erhöhen. Denn um den Einsatz der Schutzgasatmosphäre-Verpackung (MAP) zu ermöglichen, dürfen in den Bereichen Sauerstoff und Wasserdampf entsprechende Gasdurchlässigkeiten nicht überschritten werden. „Um die Recyclingfähigkeit zu gewährleisten, evaluieren wir die entwickelte Verpackung auch hinsichtlich ihrer mechanischen und lösemittelbasierten Recyclingfähigkeit“, erklärt er im afz-Interview. An dem Projekt möchte der Wissenschaftler auch große Unternehmen aus der Lebensmittelbranche beteiligen.