Der Etiketten-Bedarf wächst – und verändert sich
Der Etikettenmarkt wird wachsen, sagen aktuelle Studien voraus. Gründe sind Kennzeichnungspflichten und wieder anziehender Konsum. Einen dämpfenden Effekt könnte die PPWR der EU haben. Gleichzeitig sollen Etiketten umweltfreundlicher werden.
„Der Etiketten-Markt ist ein Seismograph für die wirtschaftliche Situation in fast jeder Branche“, sagt Klemens Ehrlitzer. Denn es gebe kaum einen Industriezweig, der nicht mit Etiketten beliefert werde, so der Geschäftsführer des Verbands der Hersteller selbstklebender Etiketten und Schmalbahnconverter (VsKE). „Wenn im heißen Sommer der Getränkeabsatz floriert, profitieren auch die Etikettenhersteller“, so Ehrlitzer. „Und wenn die Autoindustrie hustet, dann schlägt dies auch gleich aufs Etikettengeschäft durch.“
Zudem wirken sich so ziemlich alle gesetzlichen Vorgaben aus den Bereichen Lebensmittel, Chemikalien oder Recycling auch auf die Etiketten-Branche aus. Neue Informationsvorschriften, etwa zu Energieverbräuchen, Inhaltsstoffen oder Materialien, beflügeln den Etikettenbedarf. Neue Verpackungsvorschriften, etwa die PPWR der EU, könnten den Verbrauch drücken.
Marktprognose von Ceresana
Unter solchen Umständen die Marktentwicklung vorherzusagen, ist schwierig. Das Konstanzer Marktforschungsinstitut Ceresana hat dies nun zum zweiten Mal versucht und kommt auf ein durchschnittliches Wachstum des europäischen Etikettenmarktes – in Quadratmetern – von 1,5 Prozent pro Jahr bis 2032. „Wir führen dazu die Angaben von Herstellern mit Sekundärdaten zusammen“, erläutert Analyst Christoph Wappes. Zu letzteren gehören etwa Verkaufszahlen verschiedener Branchen oder auch Prognosen zur Inflation, welche sich wiederum auf die Konsumausgaben auswirkt.
Haftetiketten gefragter
Neue Lebensmittelinformationspflichten etwa oder auch größere Schriftgrößen – „unter anderem aufgrund der Demographie“ – werden zu mehr Etikettenfläche führen, glaubt Wappes. Die Bedeutung von Papieretiketten (aktuell 27 Prozent Marktanteil) werde mit einem Rückgang von Glas- und Metallverpackungen weiter schwinden, die vielseitigen Haftetiketten (54 Prozent Anteil), die sich auch gut für Digitaldruck eignen, dagegen gewinnen. Für In-Mould-Etiketten (IML), die in die Kunststoffverpackung eingearbeitet werden und aktuell fünf Prozent ausmachen, sagt Ceresana ein überdurchschnittliches Wachstum von 2,4 Prozent pro Jahr voraus. „Sie sind zwar teurer, aber auch hochwertiger und gegen Beschädigung geschützt.“
Wirklich abbilden kann die Ceresana-Studie den Etikettenmarkt indes nicht. Denn sie beschränkt sich auf den Einzelhandel, etwa Lebensmittel, Drogerie oder Pharma. Segmente wie Logistik, industrielle Anwendungen oder Sicherheitsetiketten bleiben außen vor. Für den Gesamtmarkt dagegen gelten die Analysen von Alexander Watson Associates (AWA) als Institution. Demnach ist der weltweite Etikettenmarkt 2021 um 3,8 Prozent auf 71 Milliarden Quadratmeter gewachsen. Europa macht davon rund 25 Prozent aus.
Von 2022 bis 2025 hat AWA ein Wachstum des internationalen Marktes von 3,3 Prozent pro Jahr errechnet. Auch hier liegen Haft- vor Klebeetiketten. Überdurchschnittliches Wachstum sieht AWA aktuell weniger für IML- als für Sleeve-Etiketten mit knapp fünf Prozent. Sie würden zunehmend im Getränke- und Drogeriemarkt eingesetzt, heißt es, IML-Etiketten könnten dagegen bei Haushaltschemikalien punkten. Der Zuwachs bei Haftetiketten entstehe vielfach durch Spezialanwendungen.
Wie sich die PPWR auf den Etikettenmarkt auswirken wird, muss sich noch zeigen. Doch die Branche ist alarmiert. Der europäische Etikettenrecyclingverband Celab etwa will verhindern, dass das Trägermaterial von Selbstklebeetiketten gesetzlich als Teil der Verpackung gesehen wird, sondern als Produktionsrückstand. Denn die Label Liner aus Papier, PET oder PP sorgen für jede Menge Abfall. Gleichzeitig treibt die Branche die Entwicklung von Linerless Labels voran.
Etikettenhersteller Herma etwa wird hier auf vielfältige Weise aktiv. Man versuche die Materialien so dünn wie möglich zu halten, habe ein neues Linerless-Material entwickelt, das allein durch Wasser aktiviert werde, ebenso Haftmaterialien mit „leichterem CO2-Rucksack“. Auch wenn es vielleicht nicht auf den ersten Blick ersichtlich sei, sagt Herma-Manager Milos Kojic, könne das Etikett eine wichtige Rolle für Abfallvermeidung und Recycling in der Verpackungsindustrie spielen.