Pfand, Verordnungen und Mangel an Flaschen: Kein leichter Job für die Brauereien
09.10.2023 Retail Brands Industry Look into Europe Artikel

Pfand, Verordnungen und Mangel an Flaschen: Kein leichter Job für die Brauereien

Im Sommer fürchteten die deutschen Brauereien, dass sie ihre Kunden nicht mit Bier versorgen könnten, weil ein Mangel an Bierflaschen drohte. Am Ende reicht es dann doch aus. Allerdings bleibt die Frage der Versorgung mit ausreichend Glasflaschen ungelöst, denn mit den geplanten Verpackungsverordnungen aus Berlin und Brüssel warten neue Schwierigkeiten.

Das Angebot an Glasflaschen ist ein großes Thema in der Getränkebranche. Diese trifft sich bald wieder auf der Fachmesse BrauBeviale, die vom 28. bis 30. November auf dem Messegelände in Nürnberg stattfindet. Das Angebot an Glasflaschen ist ein großes Thema in der Getränkebranche. Diese trifft sich bald wieder auf der Fachmesse BrauBeviale, die vom 28. bis 30. November auf dem Messegelände in Nürnberg stattfindet.

Der Hilferuf und die Warnung der deutschen Brauereien im Juli 2023 waren wie bereits im Sommer 2022 laut und deutlich. Die Industrie sah eine Kaltfront auf die Gastronomie und die Kunden zukommen. Sie warnte, dass die Zahl der Bierflaschen in den folgenden Wochen nicht ausreichen könnte. In der Folge hätten die Brauereien nicht mehr ausreichend Bier produzieren und ausliefern können. Doch die Probleme bei der Versorgung traten nicht ein, als Grund nennt der Deutsche Brauer-Bund (DBB) die längeren Regenphasen im Sommer, aber auch die Zurückhaltung der Verbraucher in Handel und Gastronomie.

Im vergangenen Jahr beruhten die Schwierigkeiten besonders auf den gestiegenen Energiekosten, der Bundesverband Glasindustrie nannte im Mai 2022 einen Anstieg von 500 Prozent gegenüber 2021. Nach Angaben des DBB konnten einige Brauereien wegen der fehlenden Flaschen nicht alle Bestellungen abfertigen. Eine wesentliche Rolle spielt aber auch der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, denn Glashütten aus der Ukraine und Russland lieferten keine Flaschen mehr, sagte Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Verbands. Gleichzeitig hätten die Hersteller in Europa ihre Produktion wegen hoher Rohstoffpreise reduziert. Nach Angaben des Verbands sind die Preise der Flaschen zwischen Januar 2022 und Mai 2023 um 140 Prozent gestiegen.

Weniger Rückgaben

Ein zweiter wesentlicher Faktor für die ausgedünnte Versorgungslage mit Flaschen und Kisten waren nach Eicheles Einschätzung die größeren zeitlichen Abstände zwischen den Einkäufen. In der Folge brachten die Kunden das Leergut weniger häufig zu den Supermärkten zurück. Von einigen Brauereien gab es dann auch Forderungen nach höheren Pfandsätzen, die mit acht Cent pro Bierflasche deutlich unter denen von 15 Cent pro Glasflasche für Mineralwasser liegen. Bei einem Pfand von 25 Cent erwarteten sie eine schnellere Rückgabe der Flaschen. Nach den Berechnungen des DBB führt eine Erhöhung bei rund vier Milliarden Mehrwegflaschen um sieben Cent zu Mehrkosten von rund 280 Millionen Euro. Bei einem Pfandsatz von 25 Cent lägen die Kosten bei 680 Millionen Euro. Damit bestehe für kleine und mittlere Brauereien die Gefahr einer Überschuldung. Nun hat der DBB aber zusammen mit dem Verband Private Brauereien eine Arbeitsgruppe für den Erhalt des Mehrwegsystems gegründet.

Proteste gegen die geplante europäische Verordnung

Die Brauereien müssen sich aber auch mit geplanten neuen Verpackungsverordnungen von der EU und der Bundesregierung auseinandersetzen. Die EU-Kommission will europaweite Regeln einführen, nach denen alle Verpackungen gekennzeichnet werden müssen. Bis 2030 sollen alle Verpackungen wiederverwendet oder „wirtschaftlich vertretbar“ recycelt werden können. Nach dem ersten Entwurf der Verordnung gab es laute Proteste der Verbände, die Kommission reagierte schnell und stellte einige Punkte klar. Es soll einen Bestandsschutz der bestehenden Mehrwegsysteme geben, doch der DBB sieht immer noch Defizite, so fehle eine klare Definition der Kriterien. Darüber hinaus käme es zu einem hohen Verwaltungsaufwand für die bestehenden Systeme. Der Verband befindet sich nach eigenen Angaben in engem Kontakt mit der Politik, um gemeinsam Lösungen zu finden. „Wir betreiben das größte und erfolgreichste Mehrwegsystem in Europa“, heißt es von Seiten des DBB. Eine Auffassung, die die Kommission offensichtlich teilt, denn aus Brüssel heißt es: „Das Pfandsystem in Deutschland ist ein Erfolg.“

Weiterer Bremspunkt befürchtet

Doch neben den Plänen in Brüssel sehen die Brauereien auch in Deutschland ein weiteres Problem auf sich zukommen. Das Bundesumweltministerium will mit einer neuen Verpackungsverordnung die Mehrwegquote steigern, der Verband erwartet auch dadurch einen deutlichen Anstieg der Nachfrage nach Glas. Das Ministerium sieht Probleme der geplanten Mehrwegquote von 70 Prozent, die mit 41 Prozent deutlich unterschritten wird. Der DBB nennt für die Branche eine Quote von 80 Prozent. Ein Problemfeld sei die allgemeine Rücknahmepflicht für Mehrwegflaschen. Es bestehe die Gefahr, dass die Discounter mit ihrer hohen Zahl an Filialen „die Spielregeln bestimmen“ könnten. Außerdem fehlten die Herstellungskapazitäten für Flaschen, aber auch Lagerflächen, Lastwagen, Fahrer und Pfandautomaten.

Vom 28. bis 30. November ist das Messezentrum Nürnberg Dreh- und Angelpunkt für die internationale Getränkebranche. Die BrauBeviale präsentiert Produkte und Lösungen entlang der gesamten Prozesskette der Getränkeherstellung und -vermarktung.