Eigenmarken sind derzeit die Gewinner im Supermarkt-Regal
23.11.2023 Sustainability New Paths Design Artikel

Eigenmarken sind derzeit die Gewinner im Supermarkt-Regal

Hersteller von Handelsmarken wachsen stärker als Markenartikler lautet ein zentrales Ergebnis einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung Munich Strategy.

Aldi Süd verkauft erste eigene Apfelsorte „ALDIamo“ Seit Mitte Oktober 2023 verkauft Aldi Süd die erste eigene Apfelsorte unter dem Namen „ALDIamo“. Hierfür konnten Kundinnen und Kunden zuvor abstimmen. Der Apfel ist laut Unternehmen exklusiv in den Filialen von Aldi Süd erhältlich.

Handelsmarkenhersteller sind in den vergangenen Jahren im Schnitt um 3,4 Prozent gewachsen, während hybride Unternehmen im gleichen Zeitraum nur ein durchschnittliches Wachstum von 1,9 Prozent und Markenartikler mit lediglich 0,7 Prozent kaum eines erzielten. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Marke, Handelsmarke oder beides?“ der auf die Food-Branche spezialisierten Unternehmensberatung Munich Strategy. Die Experten um Studienmitautor Werner Motyka hätten dafür die wirtschaftliche Performance und Geschäftsmodelle von 123 Marken- und Handelsmarkenlieferanten untersucht sowie Interviews mit CEOs und Marktteilnehmern geführt, berichtet die Lebensmittelzeitung.

Datenbasis sind veröffentlichte Konzern beziehungsweise Jahresabschlüsse von mittelständischen LEH-Lieferanten und Gespräche mit Unternehmern und Managern aus Industrie und Handel.  Private-Label-Player hätten zuletzt durch erfolgreiche Kontraktabschlüsse bei zunehmender Konzentration auf der Lieferantenseite schnell größere Skaleneffekte erzielt, während Markenartikler um jeden Zentimeter im Regal kämpfen müssten, lautet eine Begründung dafür, dass das Wachstum der Handelsmarkenunternehmen zuletzt signifikant stärker gestiegen ist als jenes der Markenartikler. 2022 sind die Umsätze von Marken, aber auch Handelsmarken, durch die Weitergabe der Food-Inflation an den Markt stark gestiegen. Bei der Profitabilität ist eine deutliche Schere zu erkennen: Während sich die Eigengewächse durch Preisanpassungen gut halten können, leiden die Marken des Mittelstands unter der fehlenden Bereitschaft des Handels, diese zu akzeptieren.

Eigenmarken geben Takt vor

Alle von Munich Strategy befragten CEOs sehen den aktuellen Handelsmarken-Aufschwung als temporären Effekt aufgrund der Inflationswelle ab 2022 und rechnen mit einem Abflachen der Entwicklung bis spätestens 2025. Dennoch geht die Mehrzahl von einer langfristigen Anteilsverschiebung in Richtung Handelsmarken aus.

Als Gründe dafür nennen sie die anhaltend begrenzte Realkaufkraft der Konsumenten sowie positive Erfahrungen mit Eigenmarken. Die Studienexperten interpretieren darüber hinaus die zunehmende Professionalisierung der Lieferanten als treibende Kraft: „Führende Handelsmarkenhersteller betreiben Consumer-Research, dessen Erkenntnisse sie dann schnell und kooperativ mit Handelspartnern in neue Konzepte umsetzen“, heißt es. „Bei Trendthemen wie zum Beispiel Tierwohl kann das dazu führen, dass die Eigenmarke den Takt vorgibt und die Marken gezwungen sind, nachzuziehen,“ so die Studie.

Professionell aufgestelltes Handelsmarken-Management der Händler in Verbindung mit spezialisierten Lieferanten sei zunehmend fähig, ganze Warengruppen zu prägen. Dazu zählten unter anderem die Segmente Bio und Pflanzliche Alternativen, in denen die großen Händler in den vergangenen Jahren umfangreiche Eigenmarkensortimente aufgebaut haben.

Laut Munich Strategy ist zu erwarten, dass sich neue Warengruppen wie alternative Proteine künftig nur noch mit starken Handelsmarken-Initiativen im Markt verankern lassen. Selbst etablierte Markenhersteller werden in die Eigenmarkenproduktion einsteigen, um am Wachstum zu partizipieren.

Die „Sandwichposition“ zwischen steigenden Kosten und der Ablehnung von Preiserhöhungen durch den Handel habe bei Produzenten zunehmend zum freiwilligen oder unfreiwilligen Rückzug aus dem Geschäft geführt. Mit der verringerten Anzahl möglicher Lieferanten und einer Schrumpfung der Produktionskapazitäten verschlechtere sich für den Handel die Verhandlungsposition und die Sicherung der Warenverfügbarkeit – im Gegenzug verbessere sich dadurch mittelfristig die Position der Lieferanten. Die Studienmacher kommen zu dem Fazit, dass sich Marken und Eigenmarken immer mehr angleichen – im Managementansatz, in der Qualität und Steuerung der Supply-Chain und damit auch in den Augen der Konsumenten. Daraus leiten die Autoren für Food-Hersteller folgende Empfehlungen ab: Markenartikler seien gut beraten, sich mit aller strategischen Konsequenz auf die Einzigartigkeit ihrer Marken zu fokussieren, nicht verteidigbare Marken und Geschäfte auszusortieren sowie ihre Wertschöpfungsketten und Prozesse entsprechend zu trimmen.