• 18.12.2023
  • Artikel

Preissensible Verbraucher: Eigenmarken gewinnen zunehmend Markanteile

Konsumenten kaufen weiterhin deutlich weniger FMCG-Produkte. Das zeigt eine Analyse von Circana in sechs westeuropäischen Ländern. Die Nachfrage nach Markenprodukten geht zurück, die nach Eigenmarken steigt.

Das Eigenmarke-Produkt "Tandil" von Aldi Süd steht mit weiteren Waren auf einem Kassenlaufband.
Aldi Süd gewann für eine Waschmittel-Eigenmarke den Deutschen Verpackungspreis 2023 in der Kategorie Nachhaltigkeit. Ausgezeichnet wurde die Tandil-Box. Eigenmarken gewinnen zunehmend Marktanteile.

Mitte des kommenden Jahres soll die Talsohle der Rezession durchschritten sein und die Wirtschaft wieder wachsen, erwarten die führenden Wirtschaftsinstitute Deutschlands. Auch der Konsum soll bis dahin wieder anspringen. Die Marktforscher von Circana sind dagegen pessimistischer: Vor der zweiten Jahreshälfte 2024 werde sich die Verbrauchernachfrage kaum erholen, ergab der neue „FMCG-Demand-Signals“-Report, berichtet die Lebensmittelzeitung.

Untersucht wurde die Verbrauchernachfrage im Lebensmitteleinzelhandel von Januar bis August 2023 nach FMCG-Marken und -Händlern in den sechs größten europäischen Märkten (Frankreich, Deutschland, Italien, Niederlande, Spanien und Vereinigtes Königreich). Gegenstand der Analyse waren die Auswirkungen der Corona-Maßnahmen, Inflation und der Lebenskostenkrise auf die Kaufentscheidungen in über 230 FMCG-Kategorien.

Ein zentrales Ergebnis: Die Verbraucher kaufen weiterhin weniger. Laut Studie ist der Absatz im Lebensmitteleinzelhandel im Jahresvergleich über alle Märkte hinweg um 1,3 Prozent zurückgegangen. Der Umsatz ist zwar um weitere 10,1 Prozent auf 636 Milliarden Euro gestiegen, dies sei aber fast ausschließlich auf die Inflation zurückzuführen. „Auch zwei Jahre nach der Pandemie ist der Konsumgütersektor noch weit von der Normalität entfernt. Die Nachfrage hat sich noch nicht vollständig erholt“, sagt Ananda Roy, Global SVP, Strategic Growth Insights bei Circana. Bis Ende Juni erhöhten sich die Preise um durchschnittlich 11,6 Prozent. In den vergangenen sechs Monaten kletterten die Durchschnittspreise für FMCG-Artikel auf 12,9 Prozent. Trotz steigender Einkommen blieben die Käufer extrem preissensibel.

Eigenmarken sind hochwertiger geworden

Marken verlieren derweil weiter Marktanteile, während die Eigenmarken hinzugewinnen. Mit einem Anteil von 39 Prozent an den Lebensmittelverkäufen konnten die Eigenmarken den Umsatz auf 246 Milliarden Euro ausbauen. Vor zwei Jahren lag der Wert noch bei 35 Prozent. „Die hohe Inflation war ein Wachstumskatalysator, aber der Erfolg ist nicht allein auf die günstigeren Preise zurückzuführen. Eigenmarken sind in den letzten Monaten noch hochwertiger geworden“, sagt Roy.

Infolgedessen sei der Preisunterschied in den Lebensmittelkategorien auf 15 bis 20 Prozent geschrumpft. Vor zwei Jahren waren es noch 28 bis 40 Prozent. Dabei bringen die Hersteller deutlich weniger neue Produkte heraus. Ganze Kategorien könnten daher zu „Innovationswüsten“ werden, warnen die Studienmacher. Der Analyse zufolge ist die Zahl der Produktneueinführungen in den zurückliegenden zwölf Monaten um 22 Prozent gesunken.

„Die Marken sind verständlicherweise vorsichtig damit, in der derzeitigen Situation auf riskante Produkteinführungen zu setzen, aber ein Verzicht darauf wäre sehr kurzsichtig“, sagt Roy. Besonders dynamische Marken nutzten die mit den Veränderungen einhergehenden Chancen und fänden neue Wege, die Nachfrage zu steigern. Insbesondere Markenhersteller sähen sich mit schmerzhaften Wahrheiten beim Thema Nachhaltigkeit konfrontiert. Seit Mitte 2022 sei es schwierig, die Nachfrage bei Produkten aufrechtzuerhalten, die als nachhaltig beworben werden. Verschiedene EU-Vorschriften hätten den Effekt, dass Nachhaltigkeit stärker hinterfragt werde. Bei der Verpackung beispielsweise sei Nachhaltigkeit wichtig, aber nicht zum Standard geworden.

In Frankreich gaben 51 Prozent an, dass sie aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Verpackung die Marke oder das Produkt gewechselt hätten, und in Deutschland hätten 43 Prozent der Befragten mehr Produkte in umweltfreundlichen Verpackungen gekauft. Insgesamt habe fast die Hälfte der europäischen Konsumenten im vergangenen Jahr weniger in Kunststoff verpackte Produkte gekauft, so die Studie.

„Marken, die weiterhin gelistet werden wollen, insbesondere mit prominenten Listungen, müssen zeigen, dass sie konsequent nachhaltig handeln. Diejenigen, die Nachhaltigkeit mit Wachstum vereinen wollen, werden sich weniger auf isolierte, grüne Initiativen konzentrieren, sondern mehr Fokus darauf legen müssen, wie Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie integriert werden kann“, so Roy. Eine Rückkehr zum Absatzwachstum sei aber möglich, so die Marktforscher. Wachstum und Chancen gebe es vor allem in den Bereichen Innovation, Nachhaltigkeit und Preisgestaltung.